Lungenkranke und ihr Zorn auf Impfdrängler

Vorarlberg / 02.03.2021 • 18:25 Uhr
Ohne Sauerstoffgerät wäre das Leben für den Lauteracher Günter Rummer nicht mehr denkbar. VN/Steurer
Ohne Sauerstoffgerät wäre das Leben für den Lauteracher Günter Rummer nicht mehr denkbar. VN/Steurer

Der Präsident der Österreichischen Lungenunion klagt an.

Lauterach Günter Rummer führt seit dem 8. Dezember 2004 ein anderes Leben. An diesem Tag fiel ihm in Wien zum ersten Mal ein Lungenflügel zusammen, im Fachjargon nennt sich das Lungenpneumotorax. Dem heute 66-Jährigen Lauteracher, damals schwerer Raucher, wurde eröffnet, dass seine Lunge schwer geschädigt ist. Es folgten Operation, zwei weitere Pneumotoraxe, ein Leben mit Sauerstoffspendern und Beschwerlichkeiten.

Permanente Angst

„Die Coronapandemie ist für uns Lungenkranke ein Horror. Wir leben in permanenter Angst vor einer Infektion. Diese würde für uns absolute Lebensgefahr bedeuten. Wir sind aufgrund der bekannten Covid-Symptome eine besonders vulnerable Gruppe“, schildert Rummer seine Befindlichkeit. Er spricht bewusst in der Mehrzahl. Der Pensionist ist seit einigen Jahren Präsident der Österreichischen Lungenunion. Diese besteht aus 4000 Mitgliedern. Die meisten leiden an schweren Beeinträchtigungen der Lunge. Das Krankheitsspektrum reicht von Asthma, COPD (Verengung der Atemwege), Allergien mit Auswirkungen auf die Lunge bis zu Lungenkrebs. In Vorarlberg gehören 100 Personen der Lungenunion an.

Fast nur zu Hause

Rummer berichtet von Todesfällen einiger Leidensgenossen mit dem oder durch das Virus. Er selber meidet seit einem Jahr jegliche Menschenansammlung, verbringt die meiste Zeit zu Hause. „Ich war in dieser Zeit vielleicht zwei bis drei Mal in einem Geschäft, in dem sich praktisch niemand befand. In einen Supermarkt traue ich mich nicht. Die Mitglieder der Lungenunion haben seit dem Ausbruch der Pandemie in Österreich untereinander nur digitalen Kontakt. „Alles andere wäre viel zu gefährlich.“

Pieks noch im März?

Günter Rummer ist erzürnt. Aus zwei Gründen. Der erste: „Wir Lungenkranken wurden selbst als Hochrisikopatienten in der Impfpriorisierung ursprünglich nur als dritte Gruppe vorgesehen. Auf gleicher Stufe mit Bewohnern von Asylantenheimen und Gefängnisinsassen. Mittlerweile haben wir es immerhin auf Platz zwei geschafft. Ich kann nur hoffen, dass wir mit der Impfung vielleicht im März drankommen. Warum wir nicht schon längst geimpft sind, verstehe ich überhaupt nicht.“

Einen noch größeren Groll hat der ehemalige Rotkreuzmitarbeiter auf jene, die sich bei der Impfung vordrängten. „Ich weiß, dass das im Land weit mehr sind, als die offiziell bekanntgegebenen Zahlen. Da wurden ganze Verwandt- und Bekanntschaften von Leuten in führenden Positionen geimpft. Für uns heißt es hingegen weiterhin: Bitte warten.“

Noch mehr als für andere Personengruppe würde laut Rummer die Impfung den Lungenkranken Leben und Freiheit zurückgeben. „Stellen Sie sich vor, wir 100 Mitglieder der Lungenunion in Vorarlberg hätten statt der zahlreichen Impfdrängler den Infektionsschutz bereits erhalten. Ich müsste schon eine Weile nicht mehr nur zu Hause sitzen und Angst haben.“

„Warum wir Lungenkranken noch nicht geimpft sind, verstehe ich überhaupt nicht.“