Modellregionen
Was haben Haiming, Roppen, Hermagor und Wiener Neustadt gemeinsam? Nicht viel, außer, dass Ausreisetests durchgeführt werden. Wer die Gemeinden bzw. den Bezirk verlassen will, muss einen nicht mehr als 48 Stunden zurückliegenden Testnachweis vorlegen. Ursache für die Maßnahmen sind extrem hohe Corona-Inzidenzen in diesen recht kleinen Gebieten. Man versucht damit, die Ausbreitung des Virus einzubremsen.
Vorarlberg dagegen öffnet Wirtschaft und Kultur. Gastronomie, Theater und Vereine dürfen wieder ihre Tätigkeiten aufnehmen, Gäste bewirten, Veranstaltungen durchführen – unter strengen Vorgaben und kontrolliert, aber immerhin. Andere Bundesländer stehen dem Vorarlberger Alleingang kritisch gegenüber. Wieder einmal wird Solidarität mit jenen, bei denen schlechtere Verhältnisse herrschen (was nicht ihre Schuld sein muss), eingefordert. Diese Forderung ist natürlich gleichmacherischer Unsinn.
Vielmehr sind wir endlich dort angelangt, wo die Corona-Ampel bereits im vergangenen Herbst hätte ansetzen sollen: Ein bestimmtes Gebiet, das sich vom Rest Österreichs dadurch unterscheidet, dass es deutlich niedrigere Inzidenzen aufweist, erfährt geringere Einschränkungen. Diese kleinen Freiheiten sind kein Gnadenakt aus Wien, sondern eine rechtliche Verpflichtung des Bundesministers. In anderen Gebieten, bei denen Handlungsbedarf besteht, müssen dagegen strengere Regelungen gelten. Auch das ist Recht.
Zu diesen Modellregionen und dem dadurch entstandenen Fleckerlteppich gibt es selbstverständlich Alternativen: Es gibt radikale Forderungen, praktisch jede Tätigkeit einzustellen, am besten so lange, bis die Inzidenzen bei Null liegen. Als Vorbilder für ein solches Modell dienen die Inselstaaten Australien und Neuseeland, die sich einfach abgeschottet haben, keine Personen, sondern nur Waren einreisen ließen, und bis jetzt ausgezeichnet durch die Krise gekommen sind. In Europa und speziell in der Bodenseeregion mit ihren kleinräumigen Verhältnissen ist so ein Modell Illusion.
Hier erweist sich eine regionalisierte Corona-Bekämpfung als sinnvollerer Weg. Das aber nur unter der Voraussetzung, dass nicht nur vertretbare Öffnungsschritte gesetzt werden, sondern auch erforderliche Restriktionen erfolgen. Das ritualisierte Unverständnis mancher Bürgermeister, wenn ihre Gemeinden abgeriegelt werden, ist verantwortungslos.
„In anderen Gebieten, bei denen Handlungsbedarf besteht, müssen dagegen strengere Regelungen gelten. Auch das ist Recht.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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