Ein Hauen und Stechen um die Zukunft der Hohentwiel

Vor der Vertragsunterzeichnung einer neuen Betreibergesellschaft tobt hinter den Kulissen ein erbitterter Streit.
Hard Die Hohentwiel sollte zurück in ruhiges Fahrwasser. Gemeinsam mit der MS Österreich startet am kommenden Dienstag, 1. Juni, ein neues Kapitel. Die beiden Schiffe werden dann unter dem Dach der „Historischen Schifffahrt Bodensee GmbH“ in See stechen. Grünes Licht dazu gibt es von allen Gremien. Am vergangenen Donnerstag hatte auch die Harder Gemeindevertretung dem Vorhaben mehrheitlich (31:1) zugestimmt. „Bürgermeister Martin Staudinger gelang es damit, die jahrelangen Querelen zwischen Geschäftsführung und Aufsichtsrat der Hohentwiel und der Osterreich zu beenden“, heißt es dazu in einer offiziellen Aussendung der Marktgemeinde.

VN-Recherchen zeichnen ein anderes Bild. Hinter den Kulissen tobt demnach ein erbitterter Streit um die Zukunft der Hohentwiel. Es ist ein Hauen und Stechen, das in Beschuldigungen, Beleidigungen und Rücktritten im Vereinsvorstand gipfelte. Das unschöne Schauspiel dürfte auch mit der anstehenden Vertragsunterzeichnung kein Ende finden. Für die Beteiligten geht es um viel, bei Kapitän Reinhard Kloser um das Lebenswerk.

Der heute 74-Jährige hatte den Raddampfer in mehrjähriger Arbeit vor der Verschrottung bewahrt, ihn zum Wahrzeichen am See gemacht. Das war vor über 30 Jahren, heute sorgt sich Kloser um die Zukunft des Schiffs. Das liegt an der Zusammensetzung der neuen Betreibergesellschaft, die eine starke Schweizer Beteiligung vorsieht. Die Schweizerische Bodensee-Schifffahrt (SBS) hält zukünftig 20 Prozent. „Ich war immer stolz, dass die Hohentwiel unter österreichischer Flagge fährt“, so der sen. Kapitän. Mit dem Franken-Kapital sieht Kloser die rot-weiß-rote Schiffsheimat gefährdet. „Da kommen keine Samariter“, sagt er im VN-Gespräch.
Rücktritte im Vereinsvorstand
Kloser war bis letzte Woche im Vorstand des Internationalen Hohentwiel-Vereins (IBSM) mit seinen drei Länder-Sektionen. Seit die Abstimmung zugunsten der neuen Betreiberkonstruktion ausgefallen ist, hängt der Haussegen mächtig schief. Neben dem Altkapitän hat auch der langjährige Vertreter des Landes Vorarlberg, Wolfgang Wachter (62), das Handtuch geworfen. Unmittelbar zurückgetreten ist auch die Schatzmeisterin des Vereins. Das neue Konstrukt sei mehr Risiko als Chance. Sie sehe den Verein auf ein finanzielles Debakel zulaufen, schreibt sie in ihrem Abschiedsmail, das den VN vorliegt.

Für die Hohentwiel sollte eine alternative Lösung zur neuen Gesellschaft gefunden werden, ein „Plan B“. Die beiden Vorarlberger Vertreter des Vereins, Kloser und Wachter, wurden bei den Vorarlberg Lines vorstellig. Die Gespräche waren vielversprechend. „Mein Resümee war, dass die Lösung eine gute gewesen wäre, ohne finanzielles Risiko“, sagt Wolfgang Wachter. Für Reinhard Kloser wäre Vorarlberg als Heimathafen – nun eben in Bregenz – langfristig gesichert gewesen. Eine Mehrheit im internationalen Verein fanden die Überlegungen allerdings nicht, dafür reichlich Konfliktpotenzial.

„Seelenverkäufer, charakterlos und unanständig“ befand der aktuelle Geschäftsführer der Hohentwiel-Gesellschaft, Benno Gmür (60) in einer WhatsApp-Nachricht und warf dem langgedienten Kapitän vor, das Schiff dem „Erzfeind“ zur Pacht angeboten zu haben. Harte Bandagen, nahe der Gürtellinie, wie Beobachter formulieren. Gmür, auch Delegierter im SBS-Verwaltungsrat, wurde vom Verein und der Gemeinde als Sanierer eingesetzt, lenkt seither die Geschicke der Gesellschaft. Sein Verhältnis zum Vorsitzendes des Vereinsvorstands wird mittlerweile jedoch als zerrüttet bezeichnet.

„Ich habe ein Mandat erhalten, den Standort Hard zu sichern und neue Strukturen für die Zukunft zu schaffen“, sagt Gmür. Mit der Zustimmung der Gemeindevertretung sei jetzt die Rettung der Firma geglückt. Gmür spricht von Störfeuern und davon, dass die Hohentwiel nicht unter Schweizer Flagge fahren könne. Das sei ausgeschlossen. “Es ist konzessionsbedingt gar nicht möglich”.

Für Bürgermeister Martin Staudinger kann die Saison beginnen. Am 11. Juni heißt es: Leinen los.
Bürgermeister Martin Staudinger (42) zeigt sich von den Reibereien unbeeindruckt. Der Vorstoß Klosers sorge bei ihm als Harder freilich für Unverständnis. Die neue Betreiberkonstruktion sichere den Standort Hard hingegen langfristig. „Das ist im Gesellschaftervertrag auch so verankert.“ Für Staudinger kann die Saison beginnen. Am 11. Juni heißt es: Leinen los.
Mitarbeit: Andreas Scalet
Neue Betreibergesellschaft
für die historischen Schiffe Hohentwiel und MS Österreich
Name der Gesellschaft: Historische Schifffahrt Bodensee GmbH (HSB)
35 Prozent Verein Int. Bodensee-Schifffahrtsmuseum (IBSM)
35 Prozent MS Österreich (MSÖ)
20 Prozent Schweizerische Bodensee-Schifffahrt (SBS)
10 Prozent Gemeinde Hard
