Johannes Huber

Kommentar

Johannes Huber

Zukunftsvergessen

Vorarlberg / 12.06.2021 • 06:25 Uhr

Natürlich hat es schon viele Generationen gegeben, denen es schlechter gegangen ist als der heutigen Jugend. Das ist jedoch kein Trost. Untersuchungen zufolge hat sie unter den Corona-Beschränkungen besonders gelitten. Laut Donau-Uni Krems wies die Hälfte depressive Symptome auf. Kein Wunder: 15-, 20-Jährige sind es am wenigsten gewohnt, allein zu sein. Insofern sollte man Verständnis dafür haben, wenn jetzt da und dort exzessiv gefeiert wird; es gibt etwas nachzuholen.
Zumindest das. Finanzielle Verluste können gerade bei denen, die sich im Übergang zum Berufsleben befinden, schwer wettgemacht werden: Eine Rezession ist erwiesenermaßen der schlechteste Zeitpunkt für einen Karrierestart. Ein solcher ist dann holpriger, es muss eher genommen werden, was da ist – und das wiederum ist tendenziell schlechter bezahlt.

„Zögerlichkeiten in Bezug auf die Klimakrise gehen voll auf Kosten nachfolgender Generationen.

Das allein wäre ein Auftrag für die Politik, die Jugend stärker in den Fokus zu rücken. Viel mehr noch aber sind es zwei ganz andere Entwicklungen: Zögerlichkeiten in Bezug auf die Klimakrise und den demographischen Wandel gehen voll auf Kosten nachfolgender Generationen. Was heute zur Begrenzung der Erderwärmung unterlassen wird, wird ihnen das Leben ebenso schwerer machen, wie das, was zur Sicherung der Pensionen verabsäumt wird. Zukunftsvergessenheit ist hier katastrophal. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat vor wenigen Wochen ein richtungsweisendes Urteil gefällt. Klimapolitik muss demnach ambitionierter werden, weil künftigen Generationen sonst größere Freiheitseinbußen drohen. Sie könnten ihr Leben noch viel mehr einschränken müssen, als es ohnehin schon notwendig werden dürfte.
Ein solcher Ansatz gehört in jede Verfassung: Es muss immer auch Bedacht auf morgen genommen werden. Jede Verschlechterung der Verhältnisse muss nach Maßgabe der Möglichkeiten vermieden werden.

Wettbewerb der Ideen

Für die Klimapolitik wäre das ein überfälliger Antrieb: Verteuerungen, etwa von Benzin und Diesel, könnten gerade im Spritpreisparadies Österreich nicht mehr einfach nur als unzumutbare Belastungen abgelehnt werden, wie es die Wirtschaftskammer tut. Bleiben sie aus, könnten in ein paar Jahren viel größere Preissteigerungen erforderlich werden, weil es dann noch immer zu viele Verbrennungsmotoren bzw. Emissionen gibt.
Ein gewisser Nachhaltigkeitszwang könnte aber endlich auch einen Wettbewerb ambitionierter Ideen auslösen. Wirkungsvoll müssen ja nicht nur Belastungen sein. Gerade in Österreich würde es sich beispielsweise anbieten, noch viel mehr auf den Baustoff Holz zu setzen: Damit werden nicht nur Emissionen vermieden, Holz bindet auch CO2 aus der Atmosphäre.

Johannes Huber betreibt die Seite dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.