Europameister
Österreich ist Europameister! Was bei der EURO voraussichtlich nur schwer zu realisieren sein wird, haben wir in einer anderen Disziplin längst geschafft: Österreich ist unangefochten führend im Flächenfraß. Oder anders gesagt: Der anteilsmäßige jährliche Verlust von unbebauten Flächen ist in keinem anderen Land Europas so hoch wie in Österreich. Auch bei den Verkaufsflächen der Einkaufszentren liegen wir im Spitzenfeld. Gleichzeitig steigen jedoch die Grundstückspreise rasant, wodurch sich auch das Wohnen verteuert.
Der hohe Bodenverbrauch wird gerne als ein Versagen der Raumordnung, die in Österreich Ländersache ist, dargestellt. Fairerweise sollte man zur Kenntnis nehmen, dass er auch mit dem wirtschaftlichen Erfolg zu tun hat. Die Nachfrage nach Boden steigt dort, wo es attraktiv ist, unternehmerisch tätig zu sein, und wo Bevölkerungswachstum stattfindet, das bei uns auf Grund der guten Rahmenbedingungen durch Migration bewirkt wird. In den Wirtschaftswissenschaften sind hohe Grundstückspreise ein klarer Indikator für wirtschaftlichen Erfolg. Auch Einkaufsflächen werden nur dort errichtet, wo ein Bedarf dafür besteht. Insoweit ist das Land Opfer seines eigenen Erfolges. Das gilt in besonderem Maße für Vorarlberg, wo mittlerweile auch abgelegene Dörfer zubetoniert werden. Dass der Flächenfraß auch mit einer Erfolgsstory zu tun hat, hilft dem ungewollten Europameister wenig. In Deutschland überlegt man sich sogenannte Flächenverbrauchszertifikate. In diesem Modell wird eine Obergrenze an insgesamt zulässigen neuen Baulandwidmungen festgelegt. Die Gemeinden können mit den Zertifikaten handeln, was zur Folge hat, dass jede Kommune gut dran tut, sparsam mit diesen umzugehen, weil sie sonst keine Entwicklungsmöglichkeiten mehr hat.
Ein anderer Weg ist die bessere Nutzung von bereits bebauten Grundstücken. In Salzburg wird gerade ein Begutachtungsentwurf für eine Leerstandsabgabe diskutiert. In Vorarlberg sind bereits vor einiger Zeit relativ strenge Regelungen im Raumplanungs- und Grundverkehrsgesetz erlassen worden, die der Spekulation mit Baugrundstücken entgegenwirken sollen. Man wird sich dennoch um zusätzliche Instrumente umschauen müssen.
„In den Wirtschaftswissenschaften sind hohe Grundstückspreise ein klarer Indikator für wirtschaftlichen Erfolg.“
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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