Ein stiller Pionier der Sozialarbeit

Vorarlberg / 01.07.2021 • 17:18 Uhr / 5 Minuten Lesezeit
Leo Jäger förderte zahlreiche soziale Initiativen.
Leo Jäger förderte zahlreiche soziale Initiativen.

Leo Jäger (1945 bis 2021) war der erste Kinder- und Jugendanwalt Vorarlbergs.

BREGENZ Am 15. Juni 2021 starb in Bregenz Leo Jäger. Er war ein Experte in Sachen Kinder- und Jugendrechte sowie Kinder- und Jugendhilfe und der erste Kinder- und Jugendanwalt Vorarlbergs. Auch nach der Pensionierung im Jahre 2010 förderte er zahlreiche Initiativen wie das Netzwerk Welt der Kinder oder das Projekt Kinder in die Mitte und arbeitete in wichtigen Projekten der Kinder- und Jugendhilfe sowie an einschlägigen Gesetzen als Experte mit.

Leo Jäger wurde am 5. Dezember 1945 in eine Bauernfamilie in Andelsbuch im Bregenzerwald geboren und blieb der Natur und den Landschaften ein Leben lang tief verbunden. Nach der Hauptschule kam er schon mit zwölf Jahren in das Gymnasium Paulinum nach Schwaz in Tirol und wechselte dann ins Schülerheim Marianum nach Bregenz, wo er 1965 maturierte. Die folgenden vier Jahre Theologiestudium in Innsbruck und Wien und das jahrelange Leben bei den Jesuiten prägten ihn für sein folgendes Leben: Er war auch in der Welt der Gedanken und Erfahrungen über Gott und die Welt zu Hause. Noch vor dem Studienabschluss erfolgte ein Wechsel seines Bildungsweges an die Lehranstalt für gehobene Sozialberufe der Caritas Innsbruck.

Im Jahre 1971 stieg er in Bregenz beim Institut für Sozialdienste als erster Sozialarbeiter Vorarlbergs in die praktische Sozialarbeit ein und bereits 1973 wurde er in die Vorarbeiten zur Gründung der Akademie für Sozialarbeit Vorarlberg einbezogen.

Durch den Tod von Leo Jäger geht ein Sozialarbeiter verloren, der an der Akademie für Sozialarbeit Vorarlberg ab 1974 über 17 Jahre hinweg in zentraler Rolle harte Aufbauarbeit leistete und Generationen von Sozialarbeitern und -innen mitgeprägt hat. Leo Jägers Verdienste um das Zustandekommen dieses Studienangebotes in Vorarlberg sind nicht hoch genug einzuschätzen.

Als Gründungsvorsitzender des Vorarlberger Berufsverbandes der Diplom-Sozialarbeiter und -innen und Praxislehrer an der Akademie trug er noch auf andere Weise viel zum Aufbau der damals noch jungen Profession Sozialarbeit in Vorarlberg bei.

Von 1990 bis 1992 war er an der Konzeptionierung sowie am Auf- und Ausbau des Ambulanten Familiendienstes beim Vorarlberger Kinderdorf führend beteiligt.

Mit der Bestellung zum 1. Kinder- und Jugendanwalt Vorarlbergs im Jahre 1992 übernahm er eine noch größere Herausforderung. Diese Aufbauarbeit wurde seine dritte berufliche Pionierarbeit, die er mit großer Kompetenz und Sorgfalt über zwei Funktionsperioden bis 2002 ausfüllte.

Er schuf vielfältige Vernetzungen und vor allem das fachliche Fundament für eine breite Akzeptanz dieser neuen Institution des Landes Vorarlberg sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Eltern und Fachkräften in Schulen, Behörden, Einrichtungen und in der Öffentlichkeit. Wenn es ihm wichtig erschien, verschaffte er sich auch entsprechendes Gehör.

In dieser Zeit wie auch anschließend in der Sozialabteilung der Vorarlberger Landesregierung und selbst noch nach der Pensionierung im Jahre 2010 förderte er zahlreiche Initiativen wie das Netzwerk Welt der Kinder oder das Projekt Kinder in die Mitte und arbeitete in wichtigen Projekten der Kinder- und Jugendhilfe sowie an einschlägigen Gesetzen als Experte mit.

Leo Jäger war ein liebenswerter Menschenfreund. Mit seiner auch im Sozialbereich tätigen Frau Traudl Jäger entstand eine sich ergänzende tragfähige Partnerschaft und gemeinsam mit den drei Kindern eine bemerkenswerte Familiengemeinschaft.

Als Person beeindruckte Leo Jäger stets durch geduldiges Zuhören, Tiefgang, interdisziplinäres, ganzheitliches wie systemisches Denken und tatkräftiges, unterstützendes Handeln. Wenn es um Benachteiligung, die Verletzung der Menschenrechte, soziale Ungerechtigkeit oder Vorurteile ging, zeigte er eine klare Haltung und vertrat seine Überzeugung hartnäckig und mit großem Einsatz. Seine Reflexionen findet seine Familie nun im Nachlass in Hunderten beachtenswerten Gedichten und Zeichnungen.

Wie so oft in diesem sozialen Arbeitsfeld: Häufig geschieht wichtige Arbeit durch Menschen, die nicht groß von sich reden machen, ohne die aber für viele Menschen Entscheidendes fehlen würde. Leo Jäger gehört zu diesen stillen Helden.