Eine Steuer für leere Wohnungen

Leerstandsabgabe in Tirol und Salzburg führt zu Diskussion in Vorarlberg.
Bregenz Die Studie ist zwar schon drei Jahre alt, an den groben Zahlen dürfte sich kaum etwas geändert haben. 2018 fand die Landesregierung 8500 Wohneinheiten in Vorarlberg, die in die Kategorie Leerstand fallen. 2000 sind kurzfristig aktivierbar, weitere 2000 bis 4000 nach Renovierungen oder unter anderen Bedingungen. Die Landesregierung reagierte mit dem Projekt „Sicher vermieten“ und der Forderung, das Mietrecht zu verändern. Rufe nach einer Leerstandsabgabe erteilte sie eine Absage. Drei Jahre später flammt die Diskussion wieder auf. Die Tiroler Landesregierung beschloss, eine solche Abgabe einzuführen. Auch Salzburg steht vor der Einführung. In Vorarlberg steht die Mehrheit der Landtagsparteien der Idee grundsätzlich offen gegenüber. Von FPÖ und Neos kommt ein Nein.
In Tirol soll die Leerstandsabgabe bis Ende des Jahres stehen. Derzeit können noch keine Details genannt werden, erklärt ein Sprecher des zuständigen Landesrats Johannes Tratter. Speziell an der Definition von Leerstand und der Abgabenhöhe werde noch gefeilt. „Es handelt sich um eine sehr komplexe Materie, die gesetzlich abgesichert sein muss. Allem voran im Hinblick auf mögliche Kompetenzkonflikte, den Datenschutz und die Eigentumsfreiheit“, heißt es weiter. Jedenfalls soll durch die Leerstandsabgabe Wohnraum mobilisiert werden.
Lenkungseffekt gesucht
Clemens Ender, ÖVP-Raumplanungssprecher im Vorarlberger Landtag, beobachtet die Diskussion. „Ich bin auf die Erkenntnisse gespannt und offen für die Idee“, erläutert er. Das Thema sei jedoch sehr diffizil. „Es bedarf einiger gut durchdachter Ausnahmen, etwa wegen berufsbedingter oder gesundheitsbedingter Leerstandszeiten.“
In Salzburg sind schon Zahlen bekannt: Maximal 30,11 Euro soll die Leerstandsabgabe für eine 50-Quadratmeter-Wohnung betragen. 42,16 Euro für 70 Quadratmeter. „Das sind 400 bis 550 Euro pro Wohnung und Jahr. Andere Bundesländer liegen teils deutlich darunter. Ob das wirklich den gewünschten Lenkungseffekt hat, sollte erhoben werden.“ Ansonsten wäre der Verwaltungsaufwand zu hoch, sagt Ender.
Auch der grüne Raumplanungssprecher Bernhard Weber ist offen. „Prinzipiell meine ich, dass wir über alle Möglichkeiten nachdenken sollten, die andernorts bereits eingeführt sind und funktionieren.“ Eine Abgabe soll jedoch institutionelle Anleger treffen und nicht die Vorsorgewohnung für den Enkel. „Und sie sollte nicht das einzige Lenkungsinstrument sein.“ Die Meinung von FPÖ-Chef Christof Bitschi ist konträr: „Es darf nicht sein, dass es mit einer Leerstandsabgabe zu einem weiteren Angriff auf den Mittelstand kommt. Eigentum darf nicht immer stärker belastet, sondern speziell der Eigentumserwerb muss vielmehr erleichtert werden.“ Stattdessen müsse das Mietrecht verländert werden.
Wie Zweitwohnsitze
Für SPÖ-Klubobmann Thomas Hopfner kann die Leerstandsabgabe ähnlich aussehen wie die Zweitwohnsitzabgabe. „Die Gemeinde Brand hebt für Ferienwohnungen 17,46 Euro je Quadratmeter, aber maximal 1919,03 Euro je Ferienwohnung ein.“ Die Abgabe wird jährlich bezahlt. Ziel müsse immer sein, mehr Wohnraum auf den Markt zu bringen. Denn mehr Angebot senke den Preis.
Gerfried Thür von den Neos stellt sich gegen eine Leerstandsabgabe. „Die Kernfrage lautet: Warum werden sie nicht genutzt? Kann die Leerstandsabgabe einen Lenkungseffekt erzielen? Ist es die effizienteste Maßnahme, die zu einer Mobilisierung des Wohnraums führt?“ Thür antwortet selbst: „Ich glaube nicht.“ Sie könne gar nicht hoch genug sein, um den gewohnten Effekt zu erzielen. Stattdessen werde die Belastung weiter erhöht, der bürokratische Aufwand sei groß. Zwar würde es den Gemeinden helfen, die Einnahmen zu steigern, was mit Blick auf die Infrastruktur dringend nötig wäre. „Das kann auch im Zusammenhang mit einer Steuerreform über andere Wege erreicht werden“, ist Thür überzeugt.

Es darf nicht sein, dass es mit einer Leerstandsabgabe zu einem weiteren Angriff auf den Mittelstand kommt. Eigentum darf nicht immer stärker belastet, sondern speziell der Eigentumserwerb muss vielmehr erleichtert werden. Christof Bitschi, FPÖ

Ich bin offen für die Idee. Es wird einiger gut durchdachter Ausnahmen bedürfen, etwa wegen berufsbedingter oder gesundheitsbedingter Leerstandszeiten. Weitere Themen: Zweitwohnsitze, Vorsorgewohnungen für Kinder, Betriebswohnungen. Clemens Ender, ÖVP

Wir sollten über alle Möglichkeiten nachdenken, die anderorts funktionieren. Eine Leerstandsabgabe sollte institutionelle Anleger treffen und nicht Vorsorgewohnungen für Enkel. Sie sollte nicht das einzige Lenkungsintrument sein. Bernhard Weber, Grüne

Warum werden Wohnungen nicht genutzt? Kann die Leerstandsabgabe einen Lenkungseffekt erzielen? Ist es die effizienteste Maßnahme, die zur Mobilisierung führt? Ich glaube nicht. Der bürokratische Aufwand könnte höher sein als der Nutzen. Gerfried Thür, Neos

Ziel muss sein, einen Teil des Leerstands dem Markt verfügbar zu machen und damit den Preis nach unten zu korrigieren. Mehr Angebot senkt den Preis. Bei einer Abgabe könnte Ähnliches überlegt werden wie bei den Zweitwohnsitzen.Thomas Hopfner, SPÖ