Wälder Power für Innsbruck

Vorarlberg / 25.11.2021 • 19:01 Uhr
Auch als Chorleiter ein gefragter Mann.

Auch als Chorleiter ein gefragter Mann.

Georg Willi, Bürgermeister der Tiroler Landeshauptstadt, hat seine Wurzeln in Schoppernau.

Innsbruck Als Georg Willi am 24. Mai 2018 zum Innsbrucker Bürgermeister gewählt wurde, kam das einer Art Revolution in der Tiroler Landeshauptstadt gleich. Ein Grüner auf dem Bürgermeistersessel – bis dahin unvorstellbar.

Willi lebt Grün im Alltag. Sein städtisches Dienstauto gab er weg. Innsbrucks erster Mann bewegt sich ausschließlich per Drahtesel oder in Öffis durch die Stadt. „Dadurch bin ich für die Leute greifbar und angreifbar. Sie sehen mich ja immer“, lacht der hochmusikalische 62-Jährige, der in seiner kargen Freizeit als Chorleiter fungiert. In dieser Funktion war er auch anlässlich der Einweihung der Skulptur gegen Gewalt in Erinnerung an Vorarlberger Mordopfer in Tirol in Aktion. Er dirigierte in der Dreiheiligenkirche das fantastische Gesangsensemble des „Collegium Vocale“. Voller Einsatz für eine gute Sache mit Vorarlberg-Bezug. Es war Willi ein persönliches Anliegen, das Projekt mit der Botschaft der Versöhnung vor dem Hintergrund des brutalen Mordes am Bregenzer Michael Perauer im November 2018 auf seine Weise zu würdigen.

Eine spannende Geschichte

Vorarlberg im Allgemeinen und der Bregenzerwald im Besonderen: Für Georg Willi sind diese Regionen den Duft von Heimat nie los geworden. „Mein Vater stammte aus Schoppernau, er hätte dort den heimatlichen Hof übernehmen sollen …“ So beginnt die Geschichte des Georg Willi über die Heimat seiner Vorfahren. Er erzählt sie leidenschaftlich und gerne, lässt sich dafür Zeit und den Zuhörer staunen. Sie führt von der Beschreibung der Großfamilie mit den sieben Kindern, über die Emigration seines Vaters ins damals noch ferne Tirol, dessen rebellische Haltung gegenüber den starrsinnigen Tiroler Bauern in seiner Eigenschaft als Leiter der Bildungsabteilung in der Tiroler Landwirtschaftskammer, bis hin zu Georgs eigener Vita.

Das Erbe des „spinnaten“ Biobauern Willi übertrug sich auf dessen Sohn. Georg maturierte 1977 in Innsbruck, begann Biologie und Jus zu studieren. „Diese eigenartig anmutende Kombination erklärt sich dadurch, dass ich die Möglichkeiten der Umsetzung von Biolandwirtschaft stets auch rechtlich begleiten wollte.“ Freilich erfuhr der Drang nach Erhalt des universitären Siegels für den wissenshungrigen Studenten einen jähen Abbruch. „Die Poliltik war‘s, die mich zum Studien­abbrecher machte“, sagt Willi heute ohne echtes Bedauern.

Für die Vereinten Grünen zog er 1986 in den Innsbrucker Gemeinderat, erlebte später den Zusammenschluss mit der Alternativen Liste. Es folgte der Tiroler Landtag bis 2013, danach bis 2017 der Nationalrat.

Wälder Gene

Jetzt ist Georg Willi Bürgermeister der viertgrößten Stadt Österreichs. „Und ich darf gestalten, sofern es Budgetzwänge und Mehrheitsbeschlüsse im Innsbrucker Stadtrat mit dem Spiel der freien Kräfte zulassen“, freut sich der Chorleiter, der in der Tiroler Landeshauptstadt stets darum bemüht sein muss, aus den zahlreichen Stimmen mit verschiedensten Tönen einen wohlgefälligen Sound zu mixen.

Seine Bregenzerwälder Gene dringen dabei immer wieder durch. „Wie dort in der Geschichte das Traditionelle immer einherging mit dem Innovativen, habe ich stets bewundert“, drückt Willi seine Hommage für die ganz besondere Talschaft aus. Politisch ist er erblich vorbelastet. Sein Großvater Peter war bis 1973 Langzeitbürgermeister von Schoppernau.

Geprägt ist die im Bregenzerwälder Dorf verwurzelte Großfamilie Willi jedoch auch durch teils krasse Gegensätze. So gehört Georgs Bruder Peter dem erzkonservativen katholischen „Werk“ an und ist als Pfarrer in Feldkirch-Gisingen tätig. Kein Problem für den weltanschaulich völlig anders gepolten Blutsverwandten aus Innsbruck: „Wir sind total verschieden, aber menschlich schätzen wir uns.“

„Wie sich im Bregenzerwald Traditionelles mit Innovativem vereinigt, ist bewundernswert.“

Georg Willi im Gespräch mit den VN.

Georg Willi im Gespräch mit den VN.

Georg Willi ist in Innsbruck immer mit dem Rad oder den Öffis unterwegs.  APA
Georg Willi ist in Innsbruck immer mit dem Rad oder den Öffis unterwegs.  APA