Bregenz auf dem Weg zur Klimaneutralität

Vorarlberg / 02.12.2021 • 10:00 Uhr
In Rieden entsteht ein Biomassekeizwerk. Ein erster Schritt von vielen in Richtung Klimaneutralität in Bregenz.
In Rieden entsteht ein Biomassekeizwerk. Ein erster Schritt von vielen in Richtung Klimaneutralität in Bregenz.

Ein erster Schritt zum ehrgeizigen Ziel ist der Bau des ersten Biomasseheizwerks in Rieden.

Bregenz In der Bregenzer Stadtvertretung wurde eine klimaneutrale Stadtverwaltung bis zum Jahr 2030 beschlossen. Ein Anfang dazu wurde Ende Oktober mit dem Spatenstich für das erste Biomasseheizwerk in Rieden gemacht.
Mit einer rund 80 Meter langen Leitung werden die Schule Rieden samt Sporthalle sowie die Handelsakademie und Handelsschule mit Wärme für die Gebäudeheizung und die Warmwasseraufbereitung versorgt. Weitere Ausbaustufen sind vorgesehen.
Was Stadtrat Bruno Wüstner bereits über 40 Jahren angedacht hat, kann nun von Stadtrat Heribert Hehle umgesetzt werden. Wüstner war seiner Zeit weit voraus, er hat nicht nur die Abfalltrennung und die Parkgebühren in Bregenz auf den Weg gebracht, sondern wollte im Weidach auch ein Fernwärmeheizwerk bauen und das gleich mit einem Krematorium verbinden. Das ging dem damaligen Bürgermeister Fritz Mayer zu weit, die Weidacher waren gegen diese Idee, die jetzt (ohne Krematorium) wieder zur Diskussion steht.

Bedarf gegeben

„Da ja auch das Land Vorarlberg klimaneutral werden will, braucht die Landesregierung eine neue Wärmeversorgung für ihre Gebäude, wie Landhaus, Landesbibliothek oder ganz wichtig, als mit Abstand größter Wärmeverbraucher, das Landeskrankenhaus. Ähnliches gilt für die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) mit den beiden Bundesgymnasien Gallus- und Blumenstraße, die Stadt mit der Schule Weidach sowie den beiden Sozialzentren Weidach und Tschermakgarten, die auch auf eine klimaneutrale Wärmeversorgung umstellen müssten, wenn die Klimaziele erreicht werden sollen“, so Hehle. Er bringt damit ein Biomasseheizwerk im Weidach wieder ins Spiel. „Bereits 2008 haben die Stadtwerke auf Betreiben der Grünen Rathausfraktion eine Studie für ein Biomasse-Heizwerk bei G+M Ingenieure in Auftrag gegeben, die die technische und wirtschaftliche Machbarkeit einer solchen Anlage und die Versorgung der von mir genannten Gebäude bestätigt hat. Leider landete die Studie in einer Schublade“, so Hehle.

Partner für Projekt gesucht

Ein Projekt dieser Größenordnung ist für die Stadtwerke alleine aber nur schwer zu stemmen, auch fehlt noch das nötige Know-how dafür. „Ich habe deshalb vorgeschlagen, die Kooperation mit den illwerke vkw zu suchen, eine Landesgesellschaft, die ja auch einen Grundsatzbeschluss gefasst hat, dieses Geschäftsfeld auszubauen. Es folgte ein Gespräch mit Vorstand DI Helmut Mennel und der Beschluss, eine Arbeitsgruppe aus Experten der Stadtwerke und der illwerke vkw zu bilden“, so Hehle. Das alles beschränkt sich nicht nur auf Großkunden, auch Privatkunden sind eingeladen, ihre Gebäude an eine klimaneutrale Wärmeversorgung anzuschließen. Allerdings ist noch keine Entscheidung für eine Kooperation mit den illwerken vkw gefallen. Auch andere Partner wären möglich, oder die Stadtwerke setzen das Projekt alleine um.
Am Brachsenweg besitzt die Stadt eine große Liegenschaft, auf der die Errichtung eines Sozialzentrums nun konkret wird. Angrenzend hat sich die Vogewosi ein ähnlich großes Grundstück gesichert, auf dem leistbarer Wohnraum errichtet werden soll. Auch diese Projekte sollen klimaneutral realisiert werden. Dies war bereits Inhalt eines Gespräches der Stadt mit der Vogewosi.

Vorhandene Potenziale nutzen

Am Brachsenweg bietet sich die Abwärme der angrenzenden Industriebetriebe oder auch eine Seewassernutzung an. Am Brachsenweg selbst und mit der anschließenden Achsiedlung sind auch noch große Abnahmepotenziale für erneuerbare Energie vorhanden. Eine Umsetzung hängt hier von Rahmenbedingungen ab, auf die die Stadt keinen Einfluss hat, etwa die CO2-Bepreisung, Fördermöglichkeiten und andere gesetzliche Vorgaben.
Klimaneutrale Festspiele, Festspiel- und Kongresshaus und Bäderanlagen sind weitere Zielvorgaben. Da bietet sich die Seewassernutzung an – ein seit vielen Jahre betriebenes Projekt. Dabei soll in 40 Meter Wassertiefe dem Seewasser mit einer Wärmepumpe Wärme entzogen werden. Diese kommt dann bei der klimaneutralen Beheizung und Kühlung des Festspielhauses, des neuen Hallenbads und des Freibades zum Einsatz. Mit dem Baubeschluss für das Hallenbad wurde der erste Schritt getan, dort entsteht die Energiezentrale.

Seewassernutzung

Die Ressourcen der Seewassernutzung sind noch viel größer. Möglich wäre, den Rathausbezirk einzubeziehen, Seestadt und Seequartier, das neue Quartier im Weiherviertel und das angedachte Hotel beim Hallenbad könnten mitversorgt werden. Ohne Strom funktioniert aber keine Heizung, deshalb könnte die Stadt Dachflächen, auf denen eine Fotovoltaikanlage sinnvoll ist, für Bürgerkraftwerke zur Verfügung stellen, sofern diese nicht selbst solche Anlagen darauf errichten.
Den Stadtwerken kommt in Zukunft aus Sicht von Stadtrat Hehle die Schlüsselrolle bei der Wärmeversorgung zu. Bei den Stadtwerken beginnt bereits die Transformation vom Gasverkäufer zum Energiedienstleister – ein Kulturwandel für das Unternehmen.
„In dem Jahr, in dem ich jetzt u. a. Energiestadtrat bin, sind große Schritte in Richtung Klimaschutz und Energiewende gelungen. Ich nehme auch einen anderen Klimawandel wahr, einen Wandel im politischen Klima der Stadt“, sieht Heribert Hehle große Hoffnungen für die Zukunft der Stadt. Fst