Jürgen Tschofen: Als Küfer im Traumberuf angekommen

Ein alter, erfahrener Fassbinder brachte dem Montafoner Jürgen Tschofen das Handwerk der Weißküferei bei.
St. Gallenkirch Als Bub arbeitete Jürgen Tschofen (38) neun Sommer lang mit Begeisterung als Kleinhirte auf der Alpe. Heute beliefert er Alpen mit Rührschüsseln und Milchzubern, die er selbst aus Holz hergestellt hat. Tschofen ist einer der wenigen Weißküfer im Land.
Der Weg zu seinem Traumberuf war alles andere als geradlinig. Der Montafoner absolvierte zunächst eine Lehre zum Maurer. Als solcher arbeitete er sich zum Polier hoch. Zudem bildete er sich zum Bauchtechniker weiter. „Ich habe die HTL in Rankweil absolviert.“ Mehr als 20 Jahre arbeitete Tschofen am Bau, die letzten zehn als Bauleiter. Im Jahr 2020 kündigte er nach mehrmaligem Anlauf seine Arbeitsstelle und machte sich als Weißküfer selbstständig.
Ein Meister in seinem Fach
Und das kam so. Jürgens Vater hatte einen guten Bekannten, welcher das Handwerk der Weißküferei betrieb. „Ich habe Otto Ganahl mehrmals mit meinem Vater besucht und gesehen, was für schöne Dinge er macht. Ich sagte ihm, dass ich das auch gern können würde und bat ihn, mir das Handwerk beizubringen.“ Doch der alte Mann, ein Meister in seinem Fach, zierte sich. „Ich erfuhr später, dass er mit anderen Lehrlingen nicht die besten Erfahrungen gemacht hatte.“ Tschofen gab nicht auf. „Ich fragte ihn drei Mal. Jedes Mal schüttelte er den Kopf. Das enttäuschte mich.“ Fünf Jahre später, im Jahr 2008, kam der alte Weißküfer überraschenderweise auf den jungen Mann zu und bat ihn, einmal vorbeizukommen. „Wenn du willst, zeige ich es dir“, erinnert sich der zweifache Vater noch gut an die Worte von Otto Ganahl.

Ab da war der Bautechniker jede freie Minute bei dem gelernten Fassbinder in der Werkstatt. “Ich habe drei Jahre bei ihm gelernt. Otto war ein strenger, pingeliger Lehrherr. Er hatte ein gewaltiges Wissen. Es wäre verlorengegangen, wenn er mich nicht als Lehrling angenommen hätte.” Kollegen und Freunde wunderten sich. “Einige meinten: ,Was gehst du zu dem alten Mann. Das, was der macht, braucht eh keiner mehr. Geh’ doch mit uns aus'”. Heute jedoch würden sie über sein Können staunen und ihn für die Sachen, die er anfertigt, bewundern. “Mit Holz kannst du alles machen, ich habe sogar schon Schlösser aus Holz gemacht.” Tschofen, der ausschließlich helles Holz wie Zirbe, Fichte und Ahorn verarbeitet, kann gut zeichnen und verfügt über ein gut ausgeprägtes Vorstellungsvermögen. Das vereinfacht ihm die Arbeit. “Bevor ich mit etwas anfange, habe ich es im Kopf. Ich muss wissen, wie es fertig ausschaut.”
Dem Gortipohler ist es ein Anliegen, alle Kundenwünsche zu erfüllen. “Ein ,geht nicht’ gibt es bei mir nicht. Ich sage nie nein oder ,Ich kann es nicht.'” Die Bandbreite seines Schaffens ist groß. Es reicht von Deko-Artikeln über Kinderspielzeug bis hin zu Gebrauchsgegenständen für die Küche wie etwa Butterdosen oder Schneidebretter. Selbstverständlich fertigt der Küfer auch die originale Montafoner “Brenta” an, die ein beliebtes Souvenir aus dem Montafon ist.

Als Tschofen im Jahr 2011 die Befähigungsprüfung für die Weißküferei bei einem der ältesten Fassbinder Tirols erfolgreich ablegte, musste er eine “Brenta” mit Griff herstellen, was zum Schwierigsten überhaupt zählt.
Der 38-Jährige ist angekommen, angekommen in seinem Traumberuf. “Ich kann meine Kreativität voll ausleben in diesem Handwerk. Für mich gibt es keinen schöneren Beruf.”
Jürgen Tschofen
geboren 10. Jänner 1984
Wohn- und Arbeitsort Gortipohl
Familie verheiratet mit Carmen, Sohn Johannes (10), Tochter Maria (7)
Hobbys Bergsteigen, Skitouren