Zwischen Aufbruch und Depression

Vorarlberg / 31.08.2022 • 08:00 Uhr
Valeria Rosenberger, gebürtige Ukrainerin, unterrichtete vergangenes Schuljahr Flüchtlingskinder  an der Musikmittelschule Götzis.  <span class="copyright">VN/Steurer</span>
Valeria Rosenberger, gebürtige Ukrainerin, unterrichtete vergangenes Schuljahr Flüchtlingskinder an der Musikmittelschule Götzis. VN/Steurer

Schulserie: Gemischte Gefühle bei ukrainischen Flüchtlingskindern im zweiten Schuljahr in der Fremde.

Schwarzach „Es war insgesamt doch eher eine bedrückende Stimmung bei den Kindern und Jugendlichen, die wegen des Krieges in der Ukraine geflüchtet sind und bei uns die Schulen besuchten.“ So schildert Valeria Rosenberger (50), schon viele Jahre in Vorarlberg lebende gebürtige Ukrainerin und selbst Lehrerin, ihre Wahrnehmungen, die sie während ihrer Unterrichtstätigkeit an der Musikmittelschule Götzis gemacht hat.

Anders als Flüchtlinge aus anderen Regionen dieser Welt, die Österreich nicht mehr verlassen wollen, sehen sich die Menschen aus dem von Russland überfallenen Land nur als vorübergehende Gäste in unserem Land. „Viele der Jüngeren wurden nicht wirklich damit fertig, ihre Freunde verlassen zu haben. Ältere Schüler, die kurz vor der Matura standen und an unseren Schulen zurückgestuft wurden, fanden sich in ungewohnten Umständen wieder. Sie mussten zum Teil Mittelschulen besuchen, in jahrgangsübergreifenden Gruppen lernen. Für sie war es sehr schwierig, sich zu orientieren“, schildert Rosenberger.

Individuelle Lösungen

Nicht wirklich erfasst wurden viele nicht mehr schulpflichtige Jugendliche. Valeria Rosenberger erzählt von einem 16-jährigen Buben. Ein Ringer, dessen Trainer auch geflohen war. „Für den Buben blieb der Trainer Bezugsperson. Es gab Kontakte mit dem Sportgymnasium, aber dort hatten sie keinen Platz mehr für ihn.“

Rosenberger würde sich von den Schulbehörden wünschen, dass man sich im neuen Schuljahr um individuelle Lösungen für Jugendliche bemüht, die nicht mehr im Pflichtschulalter sind. „Wichtig ist natürlich, dass alle jetzt die deutsche Sprache gut lernen und sich zwecks Integration auch in Sport- und anderen Vereinen einfinden. Sie brauchen einen guten Jahresrhythmus“, sagt die Pädagogin.

Sommerschule

Sehr wohl versuchte man seitens der Bildungsdirektion, die im Februar plötzlich hereingebrochene Herausforderung bestmöglich zu meistern. „Wir hatten 283 ukrainische Kinder und Jugendliche in 70 Vorarlberger Gemeinden zu betreuen“, nennt Bildungsdirektorin Evelyn Marte-Stefani Zahlen. Es wurden zusätzliche Deutschförderklassen eröffnet und Pädagogen mit Kenntnissen der Landessprachen gesucht. „Ein Pool mit weiteren 30 Personen steht zur Verfügung, die künftig für eine Anstellung infrage kommen, falls dies notwendig würde“, kündigt Marte-Stefani an.  Für die Sommerschule haben sich 54 ukrainische Schülerinnen und Schüler angemeldet.

Geprüft werde für den Herbst, ob Übergangslehrgänge an AHS/BMHS für jene Jugendlichen, die die Schulpflicht beendet haben, eingerichtet werden. Im Rahmen der Bildungs- und Berufsorientierung werden Schülerinnen und Schüler zudem bei der Wahl eines passenden Ausbildungsweges unterstützt.  

Im Schatten des Krieges

Über all den Versuchen der schulischen Integration liegt bei vielen der Kinder und Jugendlichen aber immer noch der Schatten des Krieges und der damit verbundenen Unsicherheit. Das Pendel schwingt zwischen Aufbruch und Depression. „Trotzdem sind diese jungen Menschen klug und stark. Wir können sie nur unterstützen“, sagt Valeria Rosenberger.