Roter Showdown
Nur wenige Stunden vor der heutigen SPÖ-Sitzung legte Hans Peter Doskozil seine Karten auf den Tisch. Er will Parteichefin Pamela Rendi-Wagner in eine Kampfabstimmung zwingen. Offen ist nur noch, ob dies bei einem vorgezogenen Parteitag passieren wird oder durch eine Befragung aller Mitglieder. Der Landeshauptmann aus dem Burgenland wünscht sich zweiteres und begründet dies mit der Rücksicht auf den Landtagswahlkampf der Salzburger Genossen. Vielmehr rechnet er sich in der Parteibasis bessere Chancen aus als in den Gremien. Etliche Landesorganisationen sowie die Gewerkschaft haben sich in den letzten Tagen hinter Rendi-Wagner gestellt. Es scheint, dass Taktik allein das Parteigeschehen beherrscht.
Hinter dem persönlichen Konflikt Rendi-Wagner gegen Doskozil steckt ein inhaltlicher und strategischer Richtungsentscheid. Dabei läuft die Partei Gefahr, das Pferd erneut von hinten aufzuzäumen. Die SPÖ sollte gemeinsame Standpunkte finden, bevor sie sich auf ihre Spitze einigt. Die fehlende Positionierung der SPÖ bei Fragen der Migration und Integration, der gerechten Verteilung von Vermögen, Wohnraum und Bildung, bei künftigen Koalitionsoptionen und alternativen Ministerkandidatinnen und -kandidaten ist eindeutig das Versäumnis der bisherigen Parteichefin. Doch es ist mehr als fraglich, ob Doskozil statt ihr die Partei wieder eint. Oder die Wahl der Person sie diesmal auch mit der Autorität über die Inhalte ausstattet.
Das persönliche Vertrauensverhältnis ist inzwischen irreparabel beschädigt, nicht nur zwischen Rendi-Wagner und ihrem Widersacher. Aber besser als ein Weiterwursteln wie die letzten vier Jahre ist ein Ende mit Schrecken. Denn die inzwischen beste Option, ein die beiden Lager verbindender Kandidat, ist nicht in Sicht. Oder will (noch) nicht wie der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig.
Rendi-Wagner warnte gestern bei der Wiener Klubklausur vor einem Rechtsruck der Partei. Ihre Chancen kann sie allerdings nur durch einen schlüssigen Fahrplan ins Kanzleramt erhöhen, der alle Gruppen in der SPÖ überzeugt. Die Zeit dafür ist knapp bemessen und Doskozil kann zumindest seine Erfolge im kleinsten Bundesland anführen, selbst wenn Österreich nicht das Burgenland ist. Die ÖVP jedenfalls erhöht ihre Optionen bereits. Sie koaliert mit den Grünen in Vorarlberg, mit der SPÖ in Tirol und der Steiermark, mit der FPÖ in Oberösterreich und vielleicht auch bald in Niederösterreich. Die Kanzlerrede war ein deutliches Angebot an deren Wähler und vielleicht auch schon eines in Richtung gemeinsamer Bundesregierung. In der SPÖ wird hingegen der Richtungsstreit sowohl mit Rendi-Wagner als auch mit Doskozil an der Spitze eine Fortsetzung finden. Und damit auch die politische Selbstlähmung.
„Die SPÖ muss gemeinsame Standpunkte finden, bevor sie sich auf ihre Spitze einigen kann.“
Kathrin Stainer-Hämmerle
kathrin.stainer-haemmerle@vn.at
FH-Prof. Kathrin Stainer-Hämmerle, eine gebürtige Lustenauerin, lehrt Politikwissenschaften an der FH Kärnten.
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