Chronik eines angekündigten Todes?
Zur hämischen Belustigung der demokratischen Mitbewerber führt die SPÖ derzeit ein Drama in mehreren Akten auf, voller Kabalen und Intrigen. Befeuert von Medien, die sich an dieser Feldschlacht delektieren – in der Hoffnung auf einen finalen Selbstmord auf offener Bühne. Dabei sollte sich darüber niemand freuen, der ein Interesse daran hat, dass Österreich eine lebendige, liberale Demokratie bleibt. Wer hat dieses Interesse noch? Die illiberale Demokratie steht vor der Tür und ein Bundesland nach dem anderen macht sich auf den Weg dorthin.
Währenddessen hat die SPÖ nichts Besseres zu tun als eine chaotisch organisierte „Mitgliederbefragung/Stimmungsbild/Abstimmung“ zu organisieren, ohne sich vorher zu überlegen, was passiert, wenn keiner der Kandidat:innen eine Mehrheit bekommt.
So taumelt die Partei in einen Showdown, bei dem nicht klar ist, ob am Ende überhaupt irgendeiner überlebt. Die Spannung ist dadurch natürlich besonders groß – und dementsprechend auch die Beteiligung der Mitglieder. Soweit die einzige nicht ganz schlechte Nachricht.
Das Ergebnis aber ist der worst case, wie man ihn sich als Drehbuchschreiber kaum apokalyptischer ausdenken kann. Alle drei haben gleich viele Stimmen, mit minimaler Differenz. Man kann es auch deutlicher sagen: alle drei haben zunächst einmal zwei Drittel der Mitglieder nicht überzeugen können.
Jeder, der bei Verstand ist, hätte für diesen Fall natürlich eine zweite Runde mit einer Stichwahl vorgesehen. Aber dann hätten wir hier ja ein ganz normales demokratisches Verfahren vor uns und nicht das absurde Theater, das die Regie offenbar im Auge hatte. Der Kandidat mit der Nasenspitze vorne erklärt sich präpotent zum „eindeutigen“ Sieger und tut so, als wäre er gerade von der Basis mit 90% gewählt worden. Wieviel körpereigene Drogen müssen da am Werk sein?
Nun kommt es natürlich trotzdem zur Stichwahl. Das ist das Normalste der Welt. Schließlich ist es dem gerade mal um einen Wimpernschlag Zweitplatzierten gelungen, aus dem Stand heraus, und das ohne jeden Apparat und ohne Hausmacht unter den Funktionären, ein Drittel der Mitglieder im Rennen gegen die „Favoriten“ zu begeistern. Kein Wunder, dass die politischen Mitbewerber der SPÖ beunruhigt sind. Der Mann könnte „gefährlich“, also erfolgreich werden.
„Man kann es auch deutlicher sagen: alle drei haben zunächst einmal zwei Drittel der Mitglieder nicht überzeugen können.“
Hanno Loewy
hanno.loewy@vn.at
Hanno Loewy ist Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems.
Kommentar