Kein Personal, höhere Auflagen: Das Ferienheim Bolgenach macht dicht

Vorarlberg / 13.07.2023 • 17:09 Uhr
Kein Personal, höhere Auflagen: Das Ferienheim Bolgenach macht dicht
Die Läden bleiben geschlossen, die Erinnerungen bleiben.VN/STEURER

Aus und vorbei: Das Ferienheim Bolgenach wird keine Kinder mehr im Sommer beherbergen. Neben Auflagen, Personal gab es zuletzt auch weniger Anmeldungen.

Hittisau, Lustenau Sabine Künz kämpft mit den Tränen und hat den Kampf auch schon verloren. “Es ist so traurig”, schluchzt die 48-jährige Unternehmerin aus Lustenau. “Das Ferienheim Bolgenach war Teil meines Lebens. Ich und meine Schwester haben dort wunderbare Tage unserer Kindheit verbracht. Wie gerne hätte ich dorthin auch meine kleine Tochter noch geschickt.”

Der verlassene Spielplatz vor dem Ferienheim. Das Gras wuchert, Schaukeln und Rutschen bleiben unbenutzt. <span class="copyright">VN/Steurer</span>
Der verlassene Spielplatz vor dem Ferienheim. Das Gras wuchert, Schaukeln und Rutschen bleiben unbenutzt. VN/Steurer
Als noch Betrieb herrschte am Spielplatz des Ferienheims Bolgenach in Hittisau. Fröhliche Kinder, die viel Spaß haben – damit ist es vorbei.<span class="copyright"> VN/Paulisch</span>
Als noch Betrieb herrschte am Spielplatz des Ferienheims Bolgenach in Hittisau. Fröhliche Kinder, die viel Spaß haben – damit ist es vorbei. VN/Paulisch

Die Erinnerungen sprudeln aus der Unternehmerin nur so heraus. “Meine Oma und meine Tanten waren dort Jahr für Jahr. Sie haben als Putzfrauen und Köchinnen dort gearbeitet. Und wir durften als Kinder an diesem Ort glücklich sein. Sind den ganzen Tag barfuß herumgelaufen, sind gewandert, haben gespielt und Abenteuer erlebt. Ich war jedes Jahr in Bolgenach. Von meinem fünften bis zum 13. Lebensjahr.”

Schwelgt in Erinnerungen beim Durchblättern der Gästebücher des Ferienheims Bolgenach: Sabine Künz. <span class="copyright">VN/Steurer</span>
Schwelgt in Erinnerungen beim Durchblättern der Gästebücher des Ferienheims Bolgenach: Sabine Künz. VN/Steurer
Hier hat die Lustenauer Unternehmerin ihre Grüße und jene ihrer Schwester aus fröhlichen Kindertagen entdeckt. <span class="copyright">VN/Steurer</span>
Hier hat die Lustenauer Unternehmerin ihre Grüße und jene ihrer Schwester aus fröhlichen Kindertagen entdeckt. VN/Steurer

Bolgenach statt Meer

Schwester Bettina war bis zum beschlossenen Aus des Heimbetriebs anlässlich der Jahreshauptversammlung vom 2. März dieses Jahres im Vorstand des Vereins Ferienheim Bolgenach, das aus einer Initiative Lustenauer Bürger entstanden war. Sie hat die Gästebücher des Ferienheims mit nach Lustenau gebracht. Beim Durchblättern ist Sabine Künz einmal mehr gerührt. Tatsächlich finden sich in den Alben wunderschöne Zeichnungen und eine Vielzahl schwärmerischer Einträge. “Das sagt wohl alles, wie beliebt das Ferienheim war”, meint Künz.

Auch in der Küche herrschte stets viel Betrieb. Da wurden den Kindern viel Köstliches zubereitet. <span class="copyright">VN/Hofer</span>
Auch in der Küche herrschte stets viel Betrieb. Da wurden den Kindern viel Köstliches zubereitet. VN/Hofer

Sofort ist wieder eine Geschichte bei ihr präsent. “Einmal wollten uns unsere Eltern einen anderen Urlaub bieten. Sie hatten es gut gemeint und fuhren mit uns nach Jugoslawien ans Meer. Doch dort haben meine Schwester und ich bald angefangen zu weinen. Man brach den Urlaub ab und fuhr uns nach Bolgenach. Dort waren wir sofort wieder glücklich.”

Langweilig wurde den kleinen Gästen im Ferienheim Bolgenach nie. Es gab allerhand Spannendes - ganz ohne Handy und Computer. <span class="copyright">VN/Hofer</span>
Langweilig wurde den kleinen Gästen im Ferienheim Bolgenach nie. Es gab allerhand Spannendes - ganz ohne Handy und Computer. VN/Hofer

Papa baute Spielplatz

Besonders berührt ist Sabine Künz auch wegen ihres kürzlich verstorbenen Vaters. Der Installateur-Meister war ein tatkräftiger Unterstützer des Ferienheims Bolgenach, hatte dort noch vor wenigen Jahren den Spielplatz umgebaut. “Nach Papas Tod haben viele in ihren Kondolenzbriefen das Ferienheim mit einer Spende bedacht”, berichtet die Lustenauerin.

Das Haus diente über 40 Jahren Kindern als ein Ort für unbeschwerte Sommerfrische. Auch diverse Vereine und Gruppen haben das Ferienheim Bolgenach immer wieder gerne für bestimmte Anlässe gemietet.

Großes Bedauern

Mit großem Bedauern zur Kenntnis nimmt Vereinsobmann Hans-Dieter Grabher (76) die Entwicklungen. Der frühere Lustenauer Bürgermeister räumt ein: “Es schmerzt, keine Frage. Aber wir haben einfach keine Möglichkeit gesehen, den Betrieb weiterzuführen. Besonders die Personalproblematik hat uns zu diesem Schritt gezwungen.” Laut Grabher wird das Haus Ende September der Gemeinde übergeben und der Verein aufgelöst.

<p class="caption">Obmann Hans-Dieter Grabher nimmt das Aus des Ferienheims Bolgenach mit großem Bedauern zur Kenntnis. Er ist nicht der einzige. <span class="media-container dcx_media_rtab" data-dcx_media_config="{}" data-dcx_media_type="rtab"> </span><span class="marker"><span class="copyright">von Sontagh</span><br></span></p>

Obmann Hans-Dieter Grabher nimmt das Aus des Ferienheims Bolgenach mit großem Bedauern zur Kenntnis. Er ist nicht der einzige.  von Sontagh

Sabine Künz glaubt, dass noch andere Gründe für das Verschwinden ihres geliebten Kinderortes verantwortlich sind. “Die Auflagen werden immer strenger, die Verantwortung größer. Und es ist auch nicht immer so leicht mit bestimmten Kindern. Alles zusammen ist offensichtlich zu viel.”