„Träges System“
Föderalismus sei ein träges System, meinte Gesundheitsminister Johannes Rauch unlängst in einem Interview in den „VN“ mit Blick auf die Gesundheitsreform, die sich noch immer in der Verhandlungsphase befindet. Auch wenn zentralistische Lösungen manchmal schneller zustande kommen, heißt das noch lange nicht, dass sie besser sind. Die Zerschlagung der Gebietskrankenkassen zum Beispiel war ein Projekt der vorangegangenen Bundesregierung aus ÖVP und FPÖ, das vergleichsweise rasch und ohne lange Verhandlungen durchgezogen wurde. Aber was ist dadurch besser geworden? Die versprochene „Patientenmilliarde“ an Einsparungen erwies sich als Fata Morgana und die einstigen Rücklagen der Vorarlberger Gebietskrankenkasse sind dahin.
„Die versprochene ,Patientenmilliarde‘ an Einsparungen erwies sich als Fata Morgana.“
Nunmehr geht es freilich um eine zukunftsträchtigere Sache: Der teure und vor allem personalintensive Spitalsbereich soll entlastet werden, indem mehr Behandlungen von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten durchgeführt werden. Dass dabei neben den Ländern vor allem die Sozialversicherungen und die Ärztekammer ins Spiel kommen, macht die Sache gewiss noch komplizierter. Eine Verhandlungslösung dauert daher jedenfalls länger, was aber bei einem guten Ergebnis nicht schadet.
Schäbig ist dagegen ein Verhalten wie jenes der früheren Kurzzeit-Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky, die in einem Fernsehinterview immer nur andere (vor allem „die“ Länder) für ihr eigenes Scheitern verantwortlich gemacht hat, statt die Fehler bei sich selbst zu suchen. Sie verbreitet munter weiter den von vielen Medien nicht hinterfragten Unsinn, wonach der jeweilige Gesundheitsminister völlig machtlos Ländern, Sozialversicherungen und Ärztekammer ausgeliefert sei.
Das stimmt deshalb nicht, weil der weitaus überwiegende Teil des Gesundheitswesens vom Bund gesetzlich gesteuert wird, was den Gesundheitsminister keineswegs zu einer Marionette, sondern zum maßgeblichen Player macht, sofern er willens und in der Lage ist, nicht nur anzuschaffen, sondern auch zu verhandeln.
Peter Bussjäger
peter.bussjaeger@vn.at
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
Kommentar