„Am Ende sind wir alle nur Menschen“

Vorarlberg / 24.09.2023 • 17:31 Uhr
Erich Knappitschs Führungsstil basiert auf Vertrauen und Respekt. HRJ
Erich Knappitschs Führungsstil basiert auf Vertrauen und Respekt. HRJ

Nach 21 Jahren als Bauhofchef hat Erich Knappitsch viel erlebt. Schönes und weniger Schönes.

BREGENZ Mittwochnachmittag, kurz nach drei Uhr. Am Bauhof herrscht rege Betriebsamkeit. Der Chef, Erich Knappitsch, ist noch in einem Meeting. Dauert nicht mehr lange, heißt es. Wenige Minuten später bittet der Chef an einen Bistrotisch im Aufenthaltsraum.

21 Jahre führt er nun schon den Bregenzer Bauhof. Dabei hatte er diese Position nie anvisiert. Zuvor war er Bau- und Projektleiter im städtischen Bauamt, und das sehr gern: „Eigentlich hatte ich keine Lust, den Job aufzugeben.“ Doch meistens kommt es anders als geplant. Diese Erfahrung hat er, im Rückblick auf seine 56 Lebensjahre, nicht nur einmal gemacht.

Erich Knappitsch wird am 16. November 1967 in eine Bregenzer Familie hineingeboren und bekommt noch zwei jüngere Geschwister – einen Bruder und eine Schwester. „Ich bin ziemlich früh daheim ausgezogen und auf einer Landwirtschaft in Hörbranz großgeworden“, erzählt er. „Das hat mir viel gebracht fürs Leben.“

Der Karatemeister

Mit 15 erlernt er das Maurerhandwerk, besucht die Bauhandwer­kerschule. Mit 18 folgt die Einberufung ins Bundesheer. Dort beginnt seine Laufbahn als Karatesportler. Er wird Mitglied des Karate-Klubs Götzis, steigt ins Nationalteam auf, wird mehrfacher Staatsmeister und Europacup-Sieger. Bei der Karate-Weltmeisterschaft 1998 in Rio de Janeiro (Brasilien) schafft er es mit der Mannschaft auf Rang 5 und im Einzelkampf auf Rang 7. „Danach hörte ich auf mit dem Karatesport.“

Zu dieser Zeit arbeitet er noch im Bauamt der Stadt Bregenz. Eines Tages im Jahr 2003 geht der damalige Bürgermeister Markus Linhart auf ihn zu und bietet ihm die Leitung des Bauhofs an. Knappitsch sagt zu.

Sein Führungsstil gegenüber den 55 Bauhof-Mitarbeitern basiert seinen Worten zufolge „auf Vertrauen und Respekt“. Er beschreibt sich selbst als Gerechtigkeitsfanatiker: „Für mich ist wichtig, alle gleich zu behandeln. Ich bin für jeden Mitarbeiter da.“ Allerdings, stellt er klar, „tut jemand nicht gehörig, also, wenn man mich anlügt oder unser gutes Arbeitsverhältnis auf andere Weise missbraucht, bin ich für diese Person ganz schnell nicht mehr da.“ Sowas erlebe er ohnehin selten, räumt er ein, „hingegen passiert es immer öfter, dass sich Mitbürger uns gegenüber respektlos verhalten.“ Und das, obwohl jene Mitbürger den Dreck in Bregenz hinterlassen, der von den Bauhofarbeitern weggeräumt wird. „Lustig ist das nicht“, sagt Knappitsch. „Aber“, fügt er milde hinzu, „am Ende sind wir alle nur Menschen.“

Am Bauhof gibt es das ganze Jahr über massenhaft zu tun. Da kommt es schon mal vor, dass der Leiter mit schwierigen Situationen konfrontiert wird. Wie der Unfall, bei dem ein Mitarbeiter ums Leben gekommen ist. „Der Mann war mit dem Müllwagen zu einer Entsorgungsfirma gefahren. Während er den Müll ablud, kam ein Radbagger ums Eck und überfuhr ihn. Er war sofort tot“, erinnert sich Knappitsch. „Der Verlust des Kollegen ist mir sehr nahegegangen.“

Wildkatze entdeckt

Von seiner Freizeit investiert Knappitsch einen erheblichen Teil in die Jagd in Schoppernau und in seine Aufgaben als Jagdaufseher im Ebnittal. In dieser Funktion hat er letzthin von sich reden gemacht. Im März 2018 hält seine Wildkamera erstmals eine fremdartige Katze fest.

„Die optischen Merkmale erinnerten an die einer Europäischen Wildkatze, die hierzulande als ausgestorben gegolten hat“, erklärt Knappitsch. „Es fehlte aber der genetische Fingerabdruck.“ Da­raufhin schlägt er am Sichtungsort einen Lockstock ein. Auch Wildbiologen begannen, das Gebiet mit Lockstöcken zu überwachen. Doch die Katze lässt sich nicht mehr blicken. Bis vor zwei Jahren: „Da war sie wieder da. Sie wetzte sich nur an meinem Stock und hinterließ ein paar Haare. Eine Haaranalyse bestätigte, dass es sich um eine Europäische Wildkatze handelt.“

Knappitsch ist auch Musiker. So oft es geht, nimmt er die steirische Knopfharmonika zur Hand. Mit vornehmlich volkstümlicher Musik sorgt er bei Familien- und Firmenfeiern sowie geselligen Abenden für die musikalische Unterhaltung.

Job und Hobbys – der Alltag des 56-Jährigen ist mehr als ausgefüllt. Doch an erster Stelle in seinem Leben steht seine Familie. Er ist seit 17 Jahren mit Birgit verheiratet und Vater von zwei Töchtern sowie einem Sohn. Katharina ist 16, Magdalena 18 und Lukas, der Älteste, 27 Jahre alt. Die Familie wohnt in einem Eigenheim in Bregenz-Vorkloster.

Die Antwort auf die Frage nach Wünschen ist kurz und bündig: „Gesund bleiben. Punkt.“

„Ich bin ein Gerechtigkeitsfanatiker. Für mich ist wichtig, alle gleich zu behandeln.“