Klimapositiv!

Vorarlberg / 04.10.2023 • 19:00 Uhr
Klimapositiv!

„Wärmster September der Messgeschichte. Außerdem sehr wenig Regen (-45 Prozent) und sehr sonnig (+40 Prozent)“ – so beginnt die erschreckende Monatsbilanz der GeoSphere Austria (GSA, vormals ZAMG). Im Detail liest sich das dann so: „Im Vergleich zur Klimaperiode 1961–1990 lag der September 2023 im Tiefland um 3,6°C über dem Mittel und auf den Bergen um 4,2°C.“ Und in Vorarlberg war die Temperaturabweichung sogar noch ein bisschen höher. In Bregenz hatten wir im September 13 Sommertage (Tagestemperaturmaximum mit mindestens 25°C). Auch das ein neuer „Rekord“. Der September war wohl schon so warm wie früher ein Juli.

Klimafitte Infrastruktur braucht Anpassung an die schon veränderten neuen Bedingungen.“

In den ersten Oktobertagen geht es beim Neue-„Rekorde“-Aufstellen so weiter. In Langenlebarn (NÖ) wurden 30,3°C gemessen. Ein Hitzetag mit über 30°C. Der wärmste Oktobertag der Messgeschichte in Österreich. An 87 Wettermessstationen der GSA wurden neue Oktoberhöchstwerte erreicht. Das ist an fast jeder dritten Station. Mittlerweile ist es also schon die Anzahl an neuen „Rekorden“, die Rekorde aufstellt. Für die Werte an sich ist kein Platz mehr. Es sind schon zu viele.
In New York City gab es letzte Woche durch Starkregen verursachte Überschwemmungen. Das Kanalsystem ist dort auf maximal 44 l/m2 pro Stunde ausgerichtet. Aber das reichte nicht (mehr). Die Grenzen der für ein anderes Klima gebauten Infrastruktur wurden überschritten. 100 Milliarden Dollar seien für Anpassungsmaßnahmen nötig, berichtete die New York Times. Und das gilt wohl auch für unsere Infrastruktur. Frühere Jährlichkeiten gelten durch das radikal geänderte Klima nicht mehr. Klimafitte Infrastruktur braucht Anpassung an die schon veränderten neuen Bedingungen.

Durch den immer höheren CO2-Gehalt in unserer Atmosphäre werden solche Wetterextreme immer häufiger, heftiger und wahrscheinlicher. Daher müssen unsere Treibhausgasemissionen sinken. In Österreich wollen wir bis 2040 klimaneutral sein.
Aber wie es Hans Joachim Schellnhuber, Klimaforscher und bald Direktor des IIASA (Internationales Institut für angewandte Systemanalyse) gerade in den letzten Tagen erklärte, reicht dies nicht mehr aus. Weil wir eben jetzt schon solche Extremwetterereignisse haben. Er spricht von „Restaurierung des Klimas“. Dazu ist es nicht nur nötig, unsere CO2-Emissionen schnellstmöglich auf netto null zu bringen, sondern wir müssen sogar wieder Treibhausgase aus der Atmosphäre entfernen. Er schlägt vor, dafür etwa massiv aufzuforsten und CO2 in Holz zu speichern. Dann wären wir global nicht nur klimaneutral, sondern klimapositiv!

Der Vorarlberger Simon Tschannett ist Meteorologe und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Stadtklimatologie.