Auch in den Schulen ist Naher Osten

Maturaklasse am BRG Schoren arbeitet den blutigen Konflikt auf. Im Fokus stehen die großen Zusammenhänge.
Dornbirn Natürlich stand das nicht im Lehrplan. „Aber als sich dieser furchtbare Konflikt in Nahost entzündete, wollten die Schüler Antworten. Also ließen wir den geplanten Stoff erstmal links liegen und wandten uns voll diesem Thema zu“, berichtet Geschichte-Lehrer Stefan Breuss.
Auf geht’s in die 8 m, wo der Historiker nicht lange braucht, um die Konzentration der Klasse auf sich zu ziehen. „Welche Gefühle erzeugen diese Meldungen?“, wird auf die Wand projiziert. „Zuerst dachte ich mir, vielleicht ist es doch nicht so schlimm“, sagt Nina. Später, als die offizielle Stunde vorbei ist, wird sie diese Aussage korrigieren. Nina kennt jemanden, der im Konfliktgebiet ist. Ihre Gedanken sind schwer. „Wir bewegen uns erst am Anfang der Diskussionen. Ich denke, da kommt noch einiges an die Oberfläche“, wagt sie eine Prognose.
Kriegsangst?
Nina will sich gar nicht wirklich mit dem Gedanken befassen, dass dieser Krieg auch bei uns zu Spannungen führen könnte. „Klar, wir haben auch Menschen bei uns mit bestimmten migrantischen Hintergründen. Auch an der Schule. Aber bis jetzt habe ich keine Spannungen wahrgenommen“, sagt die Maturantin.
„Kann man den blutigen Konflikt auch bei uns spüren?“ , ist eine der weiteren Fragen, die Lehrer Breuss in die Gruppe platziert. Elias meldet sich zu Wort. „Ja, kann man. In Hohenems stehen vor dem Jüdischen Museum plötzlich Polizisten. Das war vorher nicht der Fall“, lässt er die Klasse an seinen Wahrnehmungen teilhaben. Das Interesse am Thema ist im Klassenzimmer spürbar. Keiner schwätzt, niemand blödelt. Es wird einander mit großer Aufmerksamkeit zugehört.
Die Zusammenhänge
Nach den Emotionen kommen in der 8m der Verstand und das Verständnis. Es ist Zeit für einen historischen Text, der die komplexe und blutige Geschichte des Nahen Ostens zusammenfasst. Dazu kommen erklärende Bemerkungen von Professor Breuss, der mit fundiertem Wissen aufwarten und Zusammenhänge herstellen kann.
„Ich habe vorher zu wenig über die Region und ihre Geschichte gewusst“, räumt Elias ein. Die knappe Erwähnung der verschiedenen Kriege, beginnend mit jenem unmittelbar nach der Gründung Israels 1948 bis zum heutigen Konflikt, nimmt eine gute Viertelstunde ein. Den Schülern ist klar: Sie reden über eine Region, die einem Pulverfass gleicht.
Den blutigen Terror der Hamas auf israelischem Boden haben die Maturanten bereits in den Stunden zuvor auch emotional zu erfassen versucht. Die jetzt praktizierte historische Analyse verträgt keine Opfer-Täter-Zuordnung. „Ich möchte mich in der Gesamtheit des Nahost-Konfliktes gewiss nicht festlegen. Das wäre problematisch“, sagt Stefan Breuss. Das Befassen mit dem Thema aus historisch-wissenschaftlicher Sicht erledigt er vorbildlich. Fertig ist er damit noch nicht.


