Als er schwer krank wurde, fand er zu Gott

Im Jahr 2009 erkrankte Klaus Oberluggauer (61) an der unheilbaren Nervenkrankheit ALS. Dass er noch am Leben ist, grenzt an ein Wunder.
Hohenems Klaus Oberluggauer (61) sitzt konzentriert vor seinem Computer – im Aufenthaltsraum der Palliativstation im Krankenhaus Hohenems. Klaus hat eine Mission. Er schreibt ein Buch über sein Leben. „Heute ist ein guter Tag – mein Umgang mit der Diagnose ALS“ widmet er vor allem Menschen, die mit schwerwiegenden Diagnosen konfrontiert sind. „Angst und Panik sind keine guten Ratgeber. Sie verhindern, dass man seine Gedanken auf Heilung ausrichtet. Letztlich führen sie zur Selbstaufgabe“, warnt er in der Einleitung.
Anhand seiner Lebensgeschichte zeigt der Wahlharder auf, wie man sich aus dem negativen Gedankenkarussell und der endlos scheinenden Talfahrt befreit. „Es gibt in jeder Situation Hoffnung,“ weiß er aus eigener Erfahrung. Laut Statistik müsste er schon längst tot sein. Im Jahr 2010 erhielt der gebürtige Klostertaler die schreckliche Diagnose amyotrophe Lateralsklerose (ALS). Die unheilbare, degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems verläuft meistens rasch. Betroffene versterben im Schnitt drei bis fünf Jahre nach Krankheitsausbruch.
Lallende Aussprache
Die ersten Krankheitssymptome traten bei dem Kriminalbeamten im Jahr 2009 auf. Es begann mit einem unangenehmen Ziehen im Unterkiefer. Dann quälte ihn ein Husten, der nicht besser wurde. Auf Skitouren ging ihm die Kraft aus. Beim Eislaufen war es ihm, „als ob mich ein unsichtbarer Jemand nach hinten ziehen würde“. Beim Geschirr abräumen fielen ihm Teller und Gläser aus den Händen. Seine Aussprache wurde undeutlich und verwaschen. „Meine Frau Sabine meinte, dass ich heimlich trinke.“

Die Diagnose ALS versetzte ihn in einen Schockzustand. „Ich hatte Todesangst, was dazu führte, dass ich innerhalb weniger Wochen fünf Kilo abnahm.“ Die neurologische Erkrankung brachte es mit sich, dass er zunehmend auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen war. „Ich war immer sehr freiheitsliebend. Deshalb fiel es mir am Anfang schwer, Hilfe anzunehmen.“ Seine Frau Sabine und seine Schwiegermutter übernahmen die Pflege. „Dafür bin ich sehr dankbar.“
Die Krankheit bremste den dreifachen Vater ein. „Vorher war ich immer im Stress. Ich kam nie zur Ruhe. Das war Gift für meinen Körper.“ Da war seine Familie, die Zeit beanspruchte, da war der anspruchsvolle Beruf des Kripobeamten. Und da war die Musik. Klaus, der Schlagzeug und Kontrabass spielte, gehörte der Band „Back from the Beach“ an. „Wir haben Tanzmusik gemacht und traten jedes Wochenende auf.“
“Wir sind unsterbliche, göttliche Geistwesen, die für eine Inkarnation einen Körper bekommen.”
Klaus Oberluggauer
Durch die Krankheit lernte Klaus zur Ruhe zu kommen. Und in dieser Ruhe fand er zu Gott. „Ich habe seine Führung wahrgenommen und weiß heute, dass Gott in mir ist und in allen anderen Menschen auch. Wir sind unsterbliche, göttliche Geistwesen, die für eine Inkarnation einen Körper bekommen.“ Klaus vertraut dem Allmächtigen. „Wenn ich ein Problem habe, wende ich mich an ihn. Sehr oft ist am nächsten Tag die Lösung da.“ Die tiefe Gottverbundenheit überstrahlt sein Leben. „Ich war noch nie so glücklich wie jetzt.“
Zwei bis drei Stunden am Tag zieht sich der gläubige Mann in sein Zimmer zurück, um zu meditieren. „Das gibt mir Energie und macht mich lebensfroh.“ Seine Lebensfreude und sein Humor bringen eine gewisse Leichtigkeit auf die Station. „Klaus ist für uns ein großes Geschenk. Mit seinem Schmäh bringt er alle zum Lachen“, streut Krankenpfleger Martin Meusburger ihm Rosen. Inzwischen ist Klaus bereits zum achten Mal Patient der Palliativstation. Durch die mehrwöchigen Aufenthalte wird seine Frau vorübergehend entlastet. Der 61-Jährige braucht viel Unterstützung. „Unter anderem müssen wir Klaus das Essen eingeben, ihn zur Toilette begleiten und umlagern“, verrät Martin, der Palliativpfleger.
“Wir gehen zu Gott zurück”
Obwohl der Körper ihn oft im Stich lässt, verzagt Klaus nicht. „Tief in meinem Inneren glaube ich an Heilung. Wenn ich das nicht glauben würde, hätte ich schon verloren.“ In ruhigen Stunden trainiert er seinen Geist aufs Gesundsein. „Ich visualisiere, was ich tue, wenn ich gesund bin.“ Dann sieht er sich meistens bei einer Bergtour. „Schritt für Schritt gehe ich den Berg hinauf.“ Der schwerkranke Mann klammert aber auch den Tod nicht aus, weil der schließlich zum Leben gehört. „Das, was nach dem Tod kommt, wird wunderbar sein. Wir gehen zu Gott zurück“, ist Klaus überzeugt und lächelt verheißungsvoll.