Mario, der Pechvogel

Vorarlberg / 05.11.2023 • 15:30 Uhr
Mario Mangard ist dankbar, dass er den schweren Arbeitsunfall überlebt hat.
Mario Mangard ist dankbar, dass er den schweren Arbeitsunfall überlebt hat.

Das Schicksal hat Mario Mangard (50) richtig auf dem Kieker.

St. Gallenkirch Mario Mangard (50) traut dem Leben nicht mehr. Zu viel ist in der Vergangenheit schon passiert. „Ich rechne jederzeit mit einem weiteren Unfall.“ Sein 14. Unfall war der bislang schwerste. Dieser hätte ihn beinahe das Leben gekostet. Ein paar Tage lang stand sein Leben auf der Kippe: Die Nieren drohten zu versagen.

Schwerverletzt liegt Mario neben dem tonnenschweren Betonkübel.
Schwerverletzt liegt Mario neben dem tonnenschweren Betonkübel.

Der Arbeitsunfall passierte am 11. Oktober 2018 in Partenen. Der Seilbahnmitarbeiter aus St. Gallenkirch verteilte bei der Vermuntbahn Humus mit einem tonnenschweren Betonkübel. „Weil ich in steilem Gelände war, war ich am Kübel gesichert. Du kannst langsam losfahren, sagte ich über Funk zu meinem Kollegen. Dann wollte ich mich entsichern, mich also vom Kübel, der am Boden stand, abhängen. Aber ich griff daneben. Die Bahn fuhr dann mit dem Kübel los und riss mich 30 Meter mit. Über mein Funkgerät gelang es mir noch, meinem Kollegen zu sagen, dass er die Bahn stoppen soll. Aber die ist träge und bleibt nicht sofort stehen.“

Die Ersthelfer bereiten das Unfallopfer für den Abtransport vor.  <span class="copyright">Ill</span>
Die Ersthelfer bereiten das Unfallopfer für den Abtransport vor. Ill

Mario war sich sicher, dass er jetzt sterben muss. „Mein Leben zog an meinem geistigen Auge vorbei.“ Dann verlor der Illwerke-Mitarbeiter kurzfristig das Bewusstsein. Als er wieder zu sich kam, verspürte er starke Schmerzen am rechten Bein. Mit schwacher Stimme sprach er ins Funkgerät: „Talstation kommen, ich brauche einen Hubschrauber und die Bergrettung.“ Als er den Hubschrauber über ihm kreisen sah, war er erleichtert. Doch dieser konnte in dem steilen Gelände nicht landen. Eine Taubergung war nötig.

Das Unfallopfer wurde mit dem Hubschrauber per Tau geborgen.
Das Unfallopfer wurde mit dem Hubschrauber per Tau geborgen.

Im Spital operierte man ihn fünfeinhalb Stunden lang. Mario hatte sich den Oberschenkel viermal gebrochen, außerdem zwei Rippen und die Ferse, zudem war die Leber geprellt, die Kniescheibe zertrümmert und der Schleimbeutel am Ellenbogen aufgeplatzt. Sechs Wochen war der dreifache Vater auf den Rollstuhl angewiesen. „Das vergisst man nicht mehr.“ Es dauerte eine Weile, bis der Montafoner wieder arbeitsfähig war. „Zweieinhalb Jahre war ich im Krankenstand.“

Die Nachwehen des Unfalls spürt er bis heute. „Ich habe noch Schmerzen und muss jeden Tag 22 Tabletten schlucken.“ Ein Teil der Schmerzen rührt auch von früheren Unfällen her. Mario kommt auf den Unfall im Jänner 1999 zu sprechen. „Nachdem ich mit der Pistenraupe die Pisten präpariert hatte, fuhr ich um 2 Uhr mit Kollegen auf Skiern ins Tal. Ich stürzte schwer. Danach waren alle Kniebänder am rechten Knie gerissen.“

Dreieinhalb Wochen war Mario im Spital.
Dreieinhalb Wochen war Mario im Spital.

Drei Jahre vorher klemmte sich der damalige Lkw-Fahrer beim Einladen von Schokolade-Paletten den Fuß ein. Dabei wurde sein kleiner Zeh abgerissen. „Mir ist das gerichtet“, kommentiert Mario den Umstand, dass er einen Unfall um den andern hat. Seine Sichtweise darüber ist mittlerweile die: „Wenn auf einem 10.000 Quadratmeter großen Platz ein einziger Stein liegt, dann peile ich den unbewusst an und stolpere darüber.“ Man möchte es ihm glauben, wenn man erfahren hat, was im heurigen Sommerurlaub in Mallorca passiert ist. „Mehrere Hundert Menschen badeten im Meer. Aber nein, die Qualle musste gerade mich an der Hand erwischen. Aber eh logisch, oder?“

Sechs Wochen benötigte der Montafoner einen Rollstuhl.
Sechs Wochen benötigte der Montafoner einen Rollstuhl.

Trotzdem hadert Mario, der Pechvogel, nicht mit seinem Schicksal. „Ich bin nicht zornig auf den Herrgott. Ich bin froh, dass ich noch am Leben bin. Ich könnte schon ein paar Mal tot sein.“ Seit dem schweren Arbeitsunfall im Jahr 2018 sieht er das Leben mit anderen Augen an. „Ich genieße es jetzt viel mehr.“ Jeder Tag ist ihm ein Geschenk. „Nach der Arbeit gehe ich bei mir auf den Balkon hinaus und erfreue mich an der schönen Natur und Aussicht.“