Krampus statt Nikolaus
Heute kommt der Nikolaus und bringt den braven Kindern Geschenke. Erwachsene glauben nicht mehr an den Mann mit Rauschebart, Politiker schon gar nicht. Denn sie sollen heuer definitiv leer ausgehen. So wünscht es sich zumindest der Volkswille, und die Spitzenpolitik unterwirft sich brav mit einer Reduktion ihrer Reallöhne.
Fast zehn Prozent mehr am Gehaltszettel wäre ihnen wegen der hohen Inflation laut Gesetz zugestanden. Die türkis-grüne Koalition hat jedoch bereits im Sommer eine Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker angekündigt und will diese nun wahrmachen. Heute soll der Verfassungsausschuss die Gehälter des Bundespräsidenten, der Bundesregierung, der Nationalratspräsidenten und der Klubobleute für das kommende Jahr einfrieren. Abgeordneten in National- und Bundesrat wird mit knapp fünf Prozent mehr die halbe Inflationsabgeltung zugestanden.
Die Bundesländer können eigene Wege gehen. Aber auch sie wissen um den schlechten Ruf der Politik. So halten sich Vorarlberg, Tirol, Salzburg und Oberösterreich an die 5-Prozent-Empfehlung des Bundes. Das Burgenland hingegen verordnet seinen Politikern eine Nulllohnrunde. In Kärnten erhalten die politischen Spitzen die vollen 9,7 Prozent – allerdings erst mit Juli 2024.
Interessant sind die Entscheidungen in den von der FPÖ mitregierten Bundesländern. Herbert Kickl ist stets ein lautstarker Verfechter von Nulllohnrunden. Seine Parteifreunde in Linz und Salzburg allerdings folgen der Koalitionsräson und nicht ihrem Parteichef. In Salzburg erhalten die Bürgermeister gar die volle Abgeltung. Im Frühling sind dort Gemeindewahlen, und verärgerte Kandidaten erreichen keine guten Ergebnisse. In Niederösterreich dürften die Verhandlungen noch laufen. Offiziell heißt es aus
St. Pölten, das habe keine Priorität.
Die Selbstbeschneidung mag populär sein, klug ist sie nicht. Um es klar zu stellen: 26.701 Euro brutto pro Monat (Bundespräsident), 23.840 (Bundeskanzler), 20.979 (Vizekanzler), 19.072 (Ministerinnen und Minister) und 20.026 (Nationalratspräsident) sind viel Geld. Doch in der Privatwirtschaft werden Spitzenmanager deutlich besser bezahlt. Hinzu kommt ein hohes Risiko, nur kurz in der Position zu verbleiben. Von Einzelfällen wie den ehemaligen Bundeskanzlern Alfred Gusenbauer und Sebastian Kurz mit ihren Millionenengagements abgesehen, glückt wenigen ein derart lukrativer Ausstieg aus der Spitzenpolitik. Die negativen Beispiele befeuern allerdings den Volkszorn.
Der Ruf nach einer zeitbedingten Einschränkung der Berufstätigkeit nach dem Ausscheiden im Sinne einer Cooling-off-Phase ist trotzdem so kurzsichtig wie die Nulllohnrunden. Ein Sprichwort sagt: If you pay peanuts, you get monkeys. Wer wenig zahlt, hat kaum Aussicht auf qualifiziertes Personal. Die Erdnüsse hat zwar heute der Nikolaus im Gepäck. Die Politiker werden trotz ihres Verzichts imagemäßig den Krampus nicht überholen. Doch Demokratie braucht keine billigen Politikdarsteller, sondern Menschen mit Mut zu guten Entscheidungen, die jeden Cent wert sind.
„Der Ruf nach einer Cooling-off-Phase ist so kurzsichtig wie die Nulllohnrunden.“
Kathrin Stainer-Hämmerle
kathrin.stainer-haemmerle@vn.at
FH-Prof. Kathrin Stainer-Hämmerle, eine gebürtige Lustenauerin, lehrt Politikwissenschaften an der FH Kärnten.
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