Gertraud Fonnemann und die Tücken des Baurechts

Die 84-Jährige soll 1000 Euro Strafe zahlen für eine Treppe und Dachterrasse, die es seit Jahren gibt.
Nenzing Das Baugesetz des Landes Vorarlberg birgt für so manchen Hausbesitzer auch mal böse Überraschungen. So etwa für Gertraud Fonnemann in Mittelberg bei Nenzing. Sie blickt auf einen Strafbescheid von 1000 Euro für eine Treppe, die seit Jahren da steht.

Über zehn Jahre ist es her, dass die bestehende Treppe neben dem Haus bis zum Flachdach verlängert wurde. Die Idee war, dort mit zahlreichen Blumenkästen den Insekten eine Zuflucht zu bieten, die Treppe sollte den Weg zum Brunnen fürs Gießwasser abkürzen. Das Flachdach wäre auch vom Dachboden aus erreichbar. Dieser wird jedoch seit Jahrzehnten vermietet, etwa an Gastarbeiter naher Baustellen. Diese nutzten die Treppe auch, um nicht immer durch Fonnemanns Wohnraum gehen zu müssen.

„Damals fragte mich niemand, ob das genehmigt ist”, wundert sich Fonnemann heute. Dementsprechend kam die heute 84-jährige Witwe gar nicht auf die Idee, dass sie sich außerhalb des Baurechts bewegen könnte. Das Vorarlberger Baugesetz kennt drei Arten von Bautätigkeit: freie, anzeige- und genehmigungspflichtige: Frei sind etwa Sanierungen, der Anbau von Photovoltaikanlagen unter bestimmten Voraussetzungen, die Gartengestaltung inklusive Kinderspielplatz. Anzeigepflichtig wäre hingegen die Umgestaltung eines Nebengebäudes, das Errichten eines großen Zeltes oder eines Verkaufsstands, aber auch der Abbruch eines Gebäudes. Und genehmigungspflichtig ist etwa die wesentliche Änderung der Verwendung von Gebäuden. Und eine Treppe zum Dach ist eine solche wesentliche Änderung, argumentiert Nenzing.
Im Juli stand plötzlich die Gemeinde vor der Tür und kreidete die fehlende Baugenehmigung für die Treppe an. Auch die Neunutzung des Flachdachs als Terrasse wäre genehmigungspflichtig gewesen. Die Seniorin ging davon aus, dass dies ein Fehler ist, der einfach aus der Welt zu schaffen ist. Doch die Vorlage zur nachträglichen Genehmigung wurde zurückgewiesen. „Die Gemeinde verlangte, dass ein Experte sich das anschaut”, erinnert sich die 84-Jährige. Etwa, ob die Treppe gefährlich ist. „Die Treppe hat ein Geländer, ich gehe da seit zehn Jahren auf und ab”, wunderte sich Fonnemann über die Auflagen.

Es fand sich ein Architekt, der sich bereit erklärte. Doch aus der Arbeit im Vorbeigehen wurde ein aufwendiges Verfahren, inklusive Neuvermessung. Kostenpunkt: Knapp 5000 Euro. „Das wäre doch schon Strafe genug gewesen”, klagt Fonnemann. Doch nun kurz vor Weihnachten flatterte noch der Strafbescheid über 1000 Euro herein.

Ob die bestehende Treppe noch nachträglich genehmigt wird, weiß Fonnemann aber noch nicht.