EU-Wahl
Sicher ist lediglich, dass am 9. Juni in allen Mitgliedsstaaten die Neuwahl der EU-Abgeordneten stattfinden wird. Die Antwort auf die Frage, ob an diesem Tag auch eine vorgezogene Nationalratswahl abgehalten wird, hat Bundeskanzler Nehammer noch nicht aus dem Sack gelassen. Vorarlberg käme damit um eine Diskussion herum, ob im Herbst nicht Nationalratswahl und Landtagswahl am gleichen Tag abgehalten werden sollten. Obwohl das EU-Parlament mit seinen 705 Abgeordneten nicht gerade im Scheinwerferlicht steht, war die Wahlbeteiligung vor fünf Jahren mit 59 Prozent nahezu so hoch wie bei unserer letzten Landtagswahl und deutlich über der Arbeiterkammerwahl mit 37 Prozent.
„Die EU-Wahl wirkt wie ein Probelauf für die Nationalratswahl.“
Mangels markanter Themen und wegen einer geringen Bekanntheit der meisten Kandidaten wirkte angesichts nahezu deckungsgleicher Stimmenanteile die letzte EU-Wahl wie ein Probelauf für die Nationalratswahl. Das war vor fünf Jahren ein Vorteil für die ÖVP, für heuer wird es eher als Nachteil angesehen. Dazu kommt, dass in Österreich nur 42 Prozent die EU-Mitgliedschaft positiv bewerten, das ist der niedrigste Wert aller Mitgliedsstaaten und deutlich weniger als in Deutschland mit 68 Prozent. Dass sich bei uns nur 38 Prozent eine stärkere Rolle des EU-Parlaments wünschen, rundet dieses Bild ab. Andererseits sind drei Viertel der Meinung, dass die EU unseren Alltag beeinflusse, was eigentlich Interesse an der Europapolitik fördern müsste. Die Innenpolitik trägt allerdings mit der Gewohnheit, Kritik von sich selbst nach Brüssel abzulenken, nicht gerade dazu bei, eine positive Grundstimmung zu verbreiten.
Die Grünen ziehen diesmal mit einem ganz neuen Gesicht nach Brüssel, einer bekannten jungen Klimaaktivistin. Die ÖVP musste den zwar in Brüssel, aber weniger in Wien bei seiner eigenen Partei geschätzten Otmar Karas ersetzen und hat dafür mit dem Steirer Reinhold Lopatka auf einen politischen Allrounder zurückgegriffen. Er bringt als früherer Staatssekretär und Nationalrats-Klubobmann reiche politische Erfahrung ein. Nachdem er offenbar für die Innenpolitik zu wenig türkis war, konzentrierte er sich in den letzten Jahren auf die Außenpolitik, in der er nicht zuletzt als Vizepräsident der parlamentarischen Versammlung des Europarats gut vernetzt ist. Das wird den österreichischen Interessen in der EU zugutekommen. Seine Nominierung ist ein geschicktes Angebot an jene ÖVP-Wähler, denen ihre Stammpartei in den letzten Jahren zu türkis wurde. Unabhängig von den Parteien hätten es die Kandidatinnen und Kandidaten für die EU-Wahl verdient, nicht mit einer vorgezogenen Nationalratswahl in einen innenpolitischen Topf geschmissen zu werden.
Jürgen Weiss vertrat das Land als Mitglied des Bundesrates zwanzig Jahre lang in Wien und gehörte von 1991 bis 1994 der Bundesregierung an.
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