Pension: “Die ziemlich besten Jahre”? Das meint Reinhard Haller

Das Leben in der Pension unterscheidet sich ganz wesentlich von jenem in der Arbeitswelt. Für Neo-Pensionisten gilt es, sich entsprechend anzupassen. Symbolfoto APA
Auch der Ruhestand will gelernt sein. Seelenkenner Reinhard Haller rät zu frühzeitiger Vorbereitung.
Darum geht’s:
- Pension ist ein bedeutender Lebensabschnitt für die alternde Gesellschaft.
- Menschen haben unterschiedliche Reaktionen auf den Ruhestand, von Freude bis hin zur Krise.
- Faktoren wie Gesundheit, soziale Kontakte und Sinnhaftigkeit gewinnen in der Pension an Bedeutung.
Bregenz “Wie lange musst du noch?” Was viele Gefragte angesichts des nicht mehr weit entfernt liegenden neuen Lebensabschnitts mit Freude beantworten, löst bei anderen Unbehagen aus. Der Eintritt in den Ruhestand bedeutet eine scharfe Zäsur im Leben eines Menschen. Voll von Gefühlen der verschiedensten Art. Während sich die einen freuen, stürzen andere in eine Lebenskrise.
In einem hochinteressanten Vortrag für den Verein “Lebensraum Bregenz” gab Reinhard Haller (72) Einsichten und Ansichten in einen Lebensabschnitt, der in einer alternden Gesellschaft zunehmend ein Thema wird. Den VN vermittelte er diese kurz davor.

Die neuen Werte
“Bis 2050 wird jeder dritte Mensch alt sein”, rechnet Haller vor. “Das Thema Pension, das derzeit eher tabuisiert wird, gewinnt daher immer mehr an Bedeutung.” Ein Drittel aller Pensionseinsteiger freue sich uneingeschränkt über den neuen Lebensabschnitt, andere müssten sich im besten Fall erst daran gewöhnen, nicht wenige würde der Abschied vom Arbeitsleben aber in eine Sinnkrise bis hin zur Depression stürzen.
Laut Haller verändert die Pension Wertigkeiten. “Andere Dinge werden wichtig: das Freisein von Krankheiten, seelische Ausgeglichenheit, soziale Kontakte, die Bewahrung der Selbstständigkeit oder neue Verantwortlichkeiten, Weisheit und Gelassenheit, Sinnhaftigkeit.” Letzteres gepaart mit Fragen über den Sinn des Lebens spiele für viele erst im letzten Lebensabschnitt eine Rolle.
Die Gefahren
Freilich birgt die Pensionierung frei nach Haller auch “die Macht der Kränkung” in sich. Nicht mehr gefragt zu sein, nicht mehr gebraucht zu werden, der Verlust von Bedeutung, Einfluss und Macht, das Nachlassen der körperlichen und geistigen Kräfte oder die soziale Isolierung sind Phänomene, die einen Menschen nach Übertritt in den Ruhestand in eine große Krise stürzen können.
Die heutige Zeit mit all ihren Erscheinungen fördere die Gefahr der Vereinsamung. “Dieses Problem wird sich durch die Ein-Kind-Familien künftig noch verstärken” ist sich Haller sicher.

Vereinsamung und Flucht in Alkohol. Das kann Menschen drohen, die mit dem Abschied vom Arbeitsleben nicht zurechtkommen. Symbolfoto apa
Ein individueller Weg
Detaillierte Handlungsanleitungen für ein gelingendes Leben in der Pension gibt es laut Haller nicht. “Es muss jemand eine Aufgabe haben, ja. Aber wie das Leben in der Pension erfüllend gelebt wird, ist individuell völlig unterschiedlich. Man muss da vieles auf sich zukommen lassen und für sich herausfinden”, sagt der Seelenkenner.
Für sich selbst hat Haller die Erfolgsformel gefunden. “Ein wesentlicher Bestandteil dazu ist für mich das Wandern. Ich habe mir vorgenommen, mindestens einmal pro Woche eine Wanderung zu machen.”
Der europaweit gefragte Referent lässt sich nach eigener Aussage nicht mehr dem Druck von Terminen aussetzen und macht nur noch, “was ich wirklich möchte”.