Vor 100 Jahren „verschwand“ Hochkrumbach

Vorarlberg / 10.03.2024 • 15:00 Uhr
Vor 100 Jahren „verschwand“ Hochkrumbach
Adler-Wirt Patrik Marinelli vor einem spektakulären Fotodokument aus den späten 1950-er Jahren. STP

1884 zu Warth-Hochkrumbach verschmolzen und 1924 ganz aus dem Ortsnamen gelöscht.

Warth, Hochkrumbach Vorarlbergs Bergregionen vom Brandnertal über Silbertal, Laternsertal, Großwalsertal, Damüls und Hochtannberg bis Kleinwalsertal und mithin das Ebnit wurden Ende des 13. Jahrhunderts von Einwanderern aus dem Schweizer Kanton Wallis nach und nach besiedelt und urbar gemacht. In 17 Walsergemeinden konnten 2013 – die älteste Urkunde mit Walserbezug stammt aus 1313 – gar das 700-Jahr-Jubiläum der Walser in Vorarlberg gefeiert werden. Heute haben Zehntausende Vorarlberger Walser Wurzeln.

Hochkurmbach
Nostalgische Erinnerung: Das Ortsschild wurde nach dem Zusammenschluss mit Warth erstellt und zierte bis vor wenigen Jahren die Hauswand des Personalhauses der Jägeralpe.

Walsergerichtsbarkeit

Walliser Einwanderer gründeten in Vorarlberg zahlreiche Siedlungen, die über Jahrhunderte in Walsergerichten zusammengefasst waren. Die heutigen politischen Gemeinden Lech, Warth, Schröcken und Mittelberg bildeten eines dieser Gerichte. Vom Arlberg über den Hochtannberg bis ins Kleinwalsertal gab es bis 1806, als Vorarlberg für acht Jahre zu Bayern kam, mehr als diese vier (politischen) Gemeinden: Am Arlberg bestanden neben Lech auch die Siedlungen Zürs, Zug oder Bürstegg.

Hochkurmbach
Ein eindrucksvolles Bilddokument zur Salzstraße, auf der bereits ab dem 15. Jahrhundert aus Hall in Tirol via Tiroler Lechtal vor allem Salz nach Vorarlberg transportiert wurde – und später im Gegenzug u. a. Käse in den Osten der Monarchie bis Wien und Prag – ist im Schauraum von Wise Feursteins Wälder Metzge zu sehen.

Das Kleinwalsertal besteht auch heute noch aus den Ortschaften Mittelberg mit Baad, Hirschegg und Riezlern. In vielen Belangen eigenständig – u. a. eigene Pfarreien – bilden diese Ortschaften heute die politische Gemeinde Mittelberg. Die Gemeinde Schröcken wiederum umfasst heute u. a. das Auenfeld (bis 1902 dauerbesiedelt, seither nur noch Alpgebiet) oder Nesslegg.

Hochkurmbach
Als direkt neben dem Gasthaus die Jägeralpbahn gebaut wurde (1979), folgten mehrere Erweiterungsschritte des in zweiter Generation von Oskar und Johanna Jäger geführten Gasthofs zum Hotel, das 1994 durch einen Sport-Pavillon (rechts im Hintergrund) ergänzt wurde.

Die Entwicklung auf der Passhöhe verlief ungewöhnlich, denn in der Blütezeit zählte etwa Hochkrumbach ein Dutzend Häuser und mehr Einwohner als Warth. Die Siedlung um die Tannbergpasshöhe war so bedeutend, dass hier von 1528 bis 1563 sogar das Walsergericht tagte. In der Zeit der Bayernherrschaft (1806 bis 1814) wurde Vorarlberg neu strukturiert, aus landesweit 24 Gerichten wurden sieben und gleichzeitig wurden eigenständige Gemeinden in heutiger Form installiert. Aus dem aufgelösten Walsergericht Tannberg etwa entstanden Lech, Schröcken, Warth und Hochkrumbach.

Hochkurmbach
Zwischen dem Ortszentrum von Warth und dem Hotel Jägeralpe wurde in jüngster Zeit die Alte Salzstraße als nostalgische Wanderroute reaktiviert. Auf einer Strecke von rund dreieinhalb Kilometern können Bergwanderer auf den Spuren der Säumer wandeln. Freilich nur im Sommer, denn im Winter ist der Weg extrem lawinengefährdet. Warth-Schröcken-Tourismus

In Hochkrumbach hatte indes ein dramatischer Entsiedlungsprozess eingesetzt: Die seit 1687 bestehende Pfarrei war ab 1854 verwaist, nachdem der letzte Kurat seine Pfarre verlassen musste. Die Chronik berichtet, er habe in seinem letzten Winter Kirchenbänke verheizt, um nicht zu erfrieren. Die Pfarre wurde 1867 aufgegeben und in die Pfarre Warth eingegliedert. 1884 wurde auch die Ortschaft Hochkrumbach an Warth angeschlossen und fortan unter dem Doppelnamen Warth-Hochkrumbach geführt. Mit Ablaufdatum, denn die Entsiedelung am Fuße des Widdersteins schritt unaufhaltsam fort. Nach dem Ersten Weltkrieg war nur noch das rund 300 Jahre alte Gasthaus Adler unweit der Passhöhe ganzjährig bewohnt. Dass dann 1924 Hochkrumbach ganz aus dem Ortsnamen gestrichen wurde, war logische Folge.

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Trotz aller Unwägbarkeiten entschlossen sich Oswald und Jasmin Jäger, die das Hotel seit einigen Jahren in dritter Generation führten, mitten in der Corona-Krise zu einem umfassenden Entwicklungsschritt, erneuerten und modernisierten das Stammhaus und verbesserten auch insgesamt Infrastruktur – z. B. Mitarbeiterwohnungen. Wenige Monate nach Eröffnung wurde der Neubau durch einen Großbrand schwer beschädigt und in Rekordzeit saniert.

Für Jahrzehnte geriet Hochkrumbach gleichsam in Vergessenheit – nur der Adler sorgte für „Leben“ im Bereich der Passhöhe, über die nur ein Saumpfad führte.

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Im Zuge der umfangreichen Baumaßnahmen um die Jahrtausendwende erfolgte auch eine räumliche Trennung von Hotel und Alphütte. Diese wurde ein Stück weit neben dem Hotel am Ende des großen Parkplatzes neu errichtet (rechts).

Wiederaufschwung

Mit dem Bau der Lifte am Salober und in Warth setzte der Wiederaufschwung ein. Das heutige Hotel Jägeralpe (als Gasthaus 1967 eröffnet), ab 1964 die Lifterschließung des Salobers, die 1979 gebaute Jägeralpbahn und in jüngster Zeit errichtete Appartementhäuser sorgen im Verbund mit dem Adler dafür, dass Hochkrumbach wieder ein touristischer Hotspot wurde, der Sommer wie Winter rund 300 Gästebetten bietet. STP

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Nach dem Beginn der touristischen Erschließung am Hochtannberg durch die Lifte auf die Steffisalpe und den Saloberkopf (1964) modifizierten Oswald und Hedwig Jäger ihre Alphütte und erwarben 1967 die Gastronomiekonzession. Anfang der 1970-er Jahre stand bereits ein stattliches Objekt „Gasthaus Jägeralpe Pension“ am Standort der Alphütte.
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Auf Hochkrumbach gab es auch lange Zeit ein Zollhaus, ein Stützpunkt von wo aus die Grenzbeamten den Personen- und Warenverkehr zwischen Vorarlberg und Bayern über den Gemstelpass kontrollierten. Mit Österreichs EU-Beitritt wurde der Zollwache-Höhenstützpunkt endgültig hinfällig und auf Initiative von Walter Krenn, dem langjährigen Präsidenten der Finanzlandesdirektion, wurde daraus ein Feriendomizil für Mitglieder des Zollwache Sportklubs. Heute ist das Haus in privater Hand und wird weiter touristisch genutzt.
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Der Adler (Postkarte Anfang 20. Jahrhundert) war schon vor mehr als 300 Jahren eine Art Dorfgasthaus, das schon vor dem Brand 1914 rund drei Dutzend Gästebetten anbot.
Vor 100 Jahren „verschwand“ Hochkrumbach
Die Hochtannberg-Passhöhe ist auch große Europäische Wasserscheide. Östlich fließt das Wasser über den Lech und Donau ins Schwarze Meer, westlich via Bregenzerach, Bodensee und Rhein in die Nordsee. Von hier aus haben die Walser über den Gemstelpass, westlich des Widdersteinmassivs auch das Kleinwalsertal besiedelt.
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Mitten im touristischen Trubel des Skigebiets ein Hort der Ruhe und Einkehr: der Simmel mit dem 1982 errichteten Weltfriedenskreuz und der ehemaligen Pfarrkirche, die vor einigen Jahren durch eine Generalsanierung zu einem Schmuckstück geworden ist. Sommer wie Winter beliebte Ziele für unzählige Bergwanderer, die hier innehalten. Foto: Warth-Schröcken-Tourismus.