Die 100 Toten vom Bodensee

Dieses Wochenende fanden Freizeitnutzer auf dem See zwei Wasserleichen. Im See werden weit mehr Vermisste vermutet.
Hard Zweimal mussten diesen Samstag die Einsatzkräfte ausrücken, um Wasserleichen aus dem Bodensee zu bergen. Am Vormittag entdeckte eine Bootsführerin vor der Mündung des Neuen Rheins eine im Wasser treibende männliche Leiche. Da sie im Zuständigkeitsbereich Deutschlands gefunden wurde, übernimmt die dortige Wasserpolizei die Ermittlungen. Einen Zusammenhang mit der Suchaktion vom Freitag könne man derzeit eher ausschließen. So dürfte die Person bereits mehrere Tage im Wasser gewesen sein.
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Am Nachmittag entdeckten drei Kajakfahrer inmitten von Treibholz eine in einem Fischernetz hängende männliche Wasserleiche. Da sie noch einen Schuh trug, dürfte es sich nicht um einen Badeunfall gehandelt haben. Der Zustand des Körpers verweise auf einen Todeszeitpunkt, der wohl über ein halbes Jahr zurückliegt.
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Friedhof Bodensee
Im Bodensee werden derweil etwa 103 Wasserleichen vermutet. Viele sind vermisste Badegäste, doch auch die Opfer von Flugzeugabstürzen oder Personen, die freiwillig ins Wasser gingen. Es gibt mehrere Gründe, warum der See viele von ihnen nicht mehr hergibt.
Ein Faktor ist die Tiefe des Bodensees. Mit Wassertiefen von bis zu 250 Metern ist er tief genug, dass in den unteren Wasserschichten dauerhaft 4 Grad Celsius herrscht. Diese beginnen im Bodensee etwa bei 20 Meter, wie Gerhard Siebenrock von der Wasserschutzpolizei 2019 der Schwäbischen Zeitung versicherte. Dunkel und kühl funktionieren sie wie ein Kühlschrank und verlangsamen den Fäulnisprozess. Da sich so keine Gase in den Körpern bilden, bleiben diese in den tiefen Gewässern. Nach mehreren Wochen kommt es zur sogenannten Fettwachsbildung an der Körperoberfläche, die wasser- und luftundurchlässig ist. Dies verhindert die Verwesung zusätzlich.
Frühjahr bringt Bewegung in See
Aufgebrochen wird diese klare Teilung der Wasserschichten gerade im Frühjahr und im Herbst. Wenn sich die oberen Wasserschichten, das sogenannte Epilimnion, erwärmen oder abkühlen, ist die Wasserzirkulation stark genug, um auch die unteren Schichten zu erfassen. Dies bringt zusätzliche Bewegung in den tiefen See. Und auch Hochwasser wie in den vergangenen Wochen kann einen solchen Effekt haben, bestätigt die Seepolizei Hard. Denn sowohl im Alpenrhein als auch im Bodensee können sich die Körper an Pflanzen und anderen Hindernissen am Grund verheddern – und durch Treibholz und die Flut wieder befreit werden.
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Warme Wasserströmungen und die allgemeine Erwärmung des Sees im Frühjahr kann die Verwesung wieder anregen und Wasserleichen so wieder an die Seeoberfläche bringen. Und auch Fischernetze können die Opfer des Bodensees wieder ans Tageslicht bringen. Durch die komplexen Strömungen im Bodensee kann dies kilometerweit vom ursprünglichen Unglücksort geschehen.