Politik im Land ist hartes Pflaster für Frauen

Vorarlberg / 13.08.2024 • 17:45 Uhr
Maurice Shourot
Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink zwischen Landeshauptmann Markus Wallner (rechts) und Landesrat Christian Gantner. Sie ist die erste Landeshauptmannstellvertreterin Vorarbergs und vertrat Markus Wallner 2022 über mehrere Wochen. VN/Shourot

Während sich Frauen in der Landespolitik durchaus etabliert haben, sind die Rathäuser noch männlich dominiert.

Bregenz In Vorarlberg ist das Ringen um Gleichstellung von Frauen und Männern nach wie vor ein zähes. Gerade Politik ist für Frauen ein hartes Pflaster. Während es auf höherer Ebene – in Landesregierung, Landtag und Landesverwaltung – Bewegung gibt, tun sich Frauen in den Gemeindestuben weiter ziemlich schwer. Gesellschaftlich weichen alte Rollenbilder trotz entsprechender Anstrengungen nur langsam auf.

politik – lisel elisabeth gehrer
Elisabeth Gehrer war die erste Frau in der Vorarlberger Landesregierung und später Unterrichtsministerin. VN/Hartinger

Die politische Partizipation von Frauen nimmt in Vorarlberg zu: Mit drei von sieben Landesregierungsmitgliedern liegt man inzwischen über dem Österreichschnitt. Lange Jahrzehnte wurde Vorarlberg nur von Männern regiert, bis 1990 die spätere Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) Landesrätin wurde. Seither gab es immer mindestens eine Landesrätin – acht waren es bisher insgesamt, zuständig zumeist für Soziales und Bildung. Mit Bildungslandesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) stellt seit 2019 eine Frau als Landesstatthalterin die Vertretung des Landeshauptmanns, die sie während Markus Wallners (ÖVP) mehrmonatiger Auszeit 2022 auch ausübte.

Landtag, landtagssitzung, katharina wiesflecker
Katharina Wiesflecker von den Grünen ist die erste Vorarlberger Landesrätin, die nicht der ÖVP angehört. VN/Steurer

Seit 2014 ist zudem mit Katharina Wiesflecker (Grüne) die erste Landesrätin im Amt, die nicht der ÖVP angehört. Sie ist zuständig für Soziales, Frauen, Pflege und Kinder- und Jugendhilfe. Ergänzt wird die Riege von Martina Rüscher (ÖVP), die sich um Gesundheit und Sport kümmert. Im Landtag sind derzeit 17 von 36 Landtagsmandataren weiblich, das sind 47,2 Prozent und damit mehr als im Bundesschnitt (35,4 Prozent). Im Landtagspräsidium sitzen mit Monika Vonier (ÖVP) und Sandra Schoch (Grüne) zwei Vizepräsidentinnen. Von 2009 bis 2012 und bis 2014 hatte Vorarlberg mit Bernadette Mennel und Gabriele Nußbaumer (beide ÖVP) bereits zweimal Landtagspräsidentinnen.

„Es war eine persönliche Entscheidung“, sagt Gabriele Nußbaumer.  VN/Stiplovsek
Gabriele Nußbaumer war Landtagspräsidentin, als eine von bisher zwei Frauen. VN/Stiplovsek

Bei der Landtagswahl tritt mit Claudia Gamon nur bei den NEOS eine Frau an der Spitze an. Bei den Listen der Parteien ist das Geschlechterverhältnis inzwischen relativ ausgewogen, nahezu auf allen Bezirkslisten finden sich Frauen unter den ersten drei Kandidaten. Noch einigen Aufholbedarf gibt es auf kommunaler Ebene: Nur 27 Prozent der Gemeindevertreter sind derzeit weiblich. Lediglich sieben der 96 Kommunen haben Ortschefinnen, der Anteil der Bürgermeisterinnen liegt mit sieben Prozent unter dem Österreich-Schnitt (elf Prozent). Immer wieder berichten Frauen von dort über Provokationen und herrschende Vorurteile.

Sommergespräche, Fotos vom Sommergespräch mit Claudia Gamon. Interview führen Isabel und Magdalena
Die Neos schicken mit Claudia Gamon als einzige Partei eine Frau als Spitzenkandidatin in den Landtagswahlkampf. VN/Steurer

Seit 1997 bekennt sich das Land ausdrücklich zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern. Im eigenen Wirkungsbereich macht man dabei durchaus Fortschritte: Der Frauenanteil in der Landesverwaltung und auf Expertinnenebene lag 2023 bereits bei gut 50 Prozent, auch in Leitungsfunktionen legten Frauen zu. In leitenden Wirtschaftspositionen gibt es jedoch noch viel Potenzial: In keinem der zehn größten Industriebetriebe und in keiner der großen Banken Vorarlbergs ist eine Frau im Vorstand, auch nicht in mehrheitlich landeseigenen Unternehmen wie der Hypo Vorarlberg oder illwerke vkw.

Amtsübergabe in Wolfurt. Bürgermeister Christian Natter übergibt an Angelika Moosbrugger
Vor knapp einem Jahr über nahm Angelika Moosbrugger das Amt der Wolfurter Bürgermeisterin von Christian Natter. Sie ist eine von nur sieben Rathauscheffinnen im Land. VN/Rhomberg

Frauen gut ausgebildet

Dabei sind viele Frauen in Vorarlberg inzwischen gut ausgebildet, rund 74 Prozent der Vorarlbergerinnen mit Kindern unter 15 Jahren sind erwerbstätig. Dennoch hält sich im Land ein tradiertes Rollenbild, wie aus dem Indikator-Bericht für die Gleichstellung hervorgeht: 98 Prozent der Kindergeldbezieherinnen waren 2023 weiblich, der Wert hat sich in den vergangenen 15 Jahren kaum verändert. Zwei Drittel der unbezahlten Arbeit leisten noch immer Frauen, sei es in Kindererziehung, Pflege oder Hausarbeit.

Höchste Teilzeitquote

Das hat eine hohe Teilzeitquote zur Folge: Vorarlbergs Frauen haben mit über 76 Prozent die höchste Österreichs. Der Einkommensnachteil unselbstständig beschäftigter Frauen gegenüber Männern lag mit 46,7 Prozent um über zehn Prozentpunkte höher als in anderen Bundesländern, dieser Gleichstellungsindikator zeigte kaum Veränderung. Mit ein Grund ist, dass Vorarlberg beim Ausbau der Kinderbetreuung trotz großer Anstrengungen noch immer nachhinkt. Bewegung in die alten Rollenbilder versucht die Landesregierung etwa mit der Kampagne “Das Geschlecht spielt keine Rolle” oder der Initiierung des “Vorarlberger Frauenpreises” zu bringen. Dass Frauenrechte nach wie vor polarisieren, zeigte nicht zuletzt die 2023 ausgebrochene, heftig geführte Debatte über Abtreibungsmöglichkeiten im Land.