Warst du eigentlich schon mal im Ländle?
Ich weiß nicht, ob sich jemand an die Wolfgangsee-Kolumne erinnert. In der war ich mit einer Wienerin und einer Vorarlbergerin auf Besuch in der Ferienwohnung einer Freundin. Wir gingen in der Gegend des Sees wandern und sie zeigte uns die schönsten Blicke auf den türkisblauen See und dann einen Ort, den sie für einen der schönsten Gegenden überhaupt hielt. Es war eine hügelige, leicht abfallende Wiese, oberhalb verlief eine Straße, auf der gerade ein Auto vorbei fuhr.
„Jedenfalls, ich war im Winter dort, jetzt wieder, kein Vergleich.“
Die Vorarlbergerin und ich blickten uns an und fragten: Warst du eigentlich schon einmal in Vorarlberg? Und die Freundin, eine gebürtige Berlinerin, die in Wien lebt, sagte: Nein, warum? Und die andere Vorarlbergerin und ich sagten: Wundert uns nicht. Es war klar, dass die Freundin unbedingt mal das Ländle sehen muss, damit sie mal sieht, was eine wirklich schöne Landschaft ist. Wir legten noch am Rand der ootalosen Wiese einen feierlichen Schwur ab, dass wir nächsten Sommer gemeinsam in den Bregenzerwald fahren würden, oder ins Walsertal oder ins Montafon.
Der nächste Sommer ging vorbei und der übernächste, aber diesen Sommer ergab sich endlich die Gelegenheit, der Freundin ein Stück vom Ländle zu zeigen, den Arlberg.
Ich kann gar nicht verstehen, warum die Hotels am Arlberg im Winter so voll sind und im Sommer so leer, es ist so eklatant schön dort im Sommer, wenn ihr mich fragt: unendlich viel schöner als im Winter, weil mir im Unterschied zu euch das Skifahren leider überhaupt keinen Spass macht, sorry. (Meine pistennarrische Schwester sagt: Weil du es nicht wirklich kannst, und das stimmt natürlich auch). Jedenfalls, ich war im Winter dort, jetzt wieder, kein Vergleich. Es war fantastisch. So eine Pracht, so eine Ruhe, die Menschen im Hotel so freundlich.
Wir waren zu fünft. Die Wien-Berlinerin hat schon beim Rauffahren mit der Seilbahn gesagt, meine Güte, ist das schön hier, ja, okay, sie sieht ihren Irrtum jetzt schon ein. Am nächsten Tag haben wir, weil eine ein wenig kniemarod war, eine leichte Wanderung gemacht, von Hochkrumbach aus um den Körbersee herum bis Oberlech. Das Wetter war wie aus dem Wander-Katalog, der Weg auch.
Selbst mich, die ich in dieser Herrlichkeit aufgewachsen bin, machte es wieder sprachlos, mitten durch diese überwältigende Schönheit spazieren zu dürfen, über uns die malerischen Gipfel, an bimmelnden, weidenden Kühen vorbei, einen guten Käse essen auf einer Hütte, kaltes, klares Wasser direkt aus dem Bach trinken, der über Felsen rauscht.
Ich habe viele Fotos gemacht an diesem Ländle-Wochenendle, von uns fünf in dieser Landschaft, ich werde sie brauchen im langen Winter. Ich werde sie oft anschauen, voller Vorfreude, weil wir alle nächsten Sommer garantiert wiederkommen.
Doris Knecht ist Kolumnistin und Schriftstellerin. Sie lebt mit ihrer Familie in Wien und im Waldviertel.
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