Wo der Pass bei der Wahl egal ist

Vorarlberg / 12.09.2024 • 16:20 Uhr
Pass Egal Wahl - START
Denys, Sedra und Osama werden ihre Stimme bei der symbolischen Wahl am 21. September abgeben. VN/mef (6)

In Österreich leben rund 1,5 Millionen Menschen, die keine österreichische Staatsbürgerschaft haben und daher nicht wählen dürfen. Bei der sogenannten “Pass Egal”-Wahl sollen alle die Möglichkeit bekommen, ihre Stimme symbolisch für die Parteien abzugeben, die bei der Nationalratswahl kandidieren.

Bregenz Es sind Stimmzettel mit großer symbolischer Bedeutung für viele Menschen im Land. Aufgelistet auf den Blättern sind nur nicht alle für den Nationalrat kandidierenden Parteien. Sondern es gibt auch Kreuzchen für die “Pass Egal Wahl Stimme” oder die Solidaritätsstimme und es geht um inklusive Demokratie.

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Die Stimmzettel sind bereits gedruckt. Es ist eine symbolische Wahl für alle die mitreden möchten, aber nicht dürfen.

Ein kleiner Stapel dieser Stimmzettel liegt an diesem Nachmittag vor Denys, Sedra und Osama. Die drei zählen zu den Stipendiaten von START, einem Förderprogramm für engagierte Jugendliche mit Migrationshintergrund. Die drei sind am Gymnasium bzw. der HTL auf dem Weg zur Matura und möchten danach Journalismus, Medizin, Jus oder Politik studieren. Momentan beschäftigen sie sich im Hinblick auf die anstehenden Wahlen am 29. September mit einem komplexen Thema. Nämlich, dass nicht nur sie, sondern österreichweit rund 1,5 Millionen Menschen im Wahlalter vom Urnengang ausgeschlossen sind, weil sie keinen österreichischen Pass haben. Darunter 50.000 Schülerinnen und Schüler.

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Osama ist politisch sehr interessiert und betont, wie wichtig es ist, wählen zu gehen.

Er fühle sich ausgeschlossen, bringt es Osama im Hinblick auf die aktuelle Situation auf den Punkt. Der 17-Jährige stammt aus Syrien und lebt mit seiner Familie bereits seit acht Jahren in Vorarlberg, wie er erzählt. Ähnlich die Situation bei Sedra, die vor neun Jahren mit ihrer Familie aus dem kriegsgebeutelten Land flüchten musste und bereits ihr halbes Leben in Vorarlberg wohnt. Anträge für die österreichische Staatsbürgerschaft seien bislang wegen der hohen finanziellen Hürden gescheitert. Dass sie mit 18 Jahren immer noch Schülerin ist, mache es zudem kompliziert.

Pass Egal Wahl - START
“Jede Stimme zählt”, sagt Sedra.

Genauso wie Denys, der aus der Ukraine stammt und seit einenhalb Jahren in Vorarlberg lebt, beschäftigen sich Sedra und Osama derzeit im Rahmen der “Pass Egal”-Wahl intensiv mit den Parteien. “Ich möchte die Politik besser verstehen und warum für bestimmte Parteien gestimmt wird”, sagt Denys. Für Osama ist bereits klar, warum die FPÖ zuletzt derart zulegen konnte: “Sie sind in Sozialen Medien sehr präsent.” Des Weiteren ist ihm wichtig zu betonen: “Keine Seite, die radikalisiert ist, ist gut.”

“Pass Egal”-Wahl

1,5 Millionen Menschen im Wahlalter sind von der diesjährigen Nationalratswahl ausgeschlossen, weil sie zwar in Österreich daheim sind, aber keinen österreichischen Pass haben.

50.000 Schülerinnen und Schüler im Wahlalter dürfen nicht wählen. Die meisten haben laut SOS Mitmensch fast ihr ganzes Leben in Österreich verbracht, mehr als jeder Dritte ist in Österreich zur Welt gekommen.

9 Standorte für die Pass-Egal-Nationalratswahl gibt es heuer in Vorarlberg. Gewählt wird am 21. und 23. September.

Die “Pass Egal”-Wahl ist ein Projekt der Organisation SOS Mitmensch. Auch Bildungseinrichtung sind eingeladen, sich daran zu beteiligen. Bei dieser symbolischen Wahl sind nicht nur alle mit österreichischem Pass stimmberechtigt. Sondern auch alle Menschen im Wahlalter, die vom diesjährigen Urnengang ausgeschlossen sind. Außerdem gibt es eine Briefwahl. Von den 1,5 Millionen nicht Wahlberechtigten lebe fast die Hälfte schon länger als zehn Jahre in Österreich, ein Fünftel 20 Jahre, und ein stetig wachsender Teil sei in Österreich geboren, hieß es bei einer Pressekonferenz zum Auftakt der “Pass Egal”-Wahlen, deren Ergebnisse am 24. September präsentiert werden sollen.

Neun Wahl-Standorte in Vorarlberg

Insgesamt neun Wahl-Standorte in Bludenz, Bregenz, Dornbirn, Feldkirch und Hohenems wird es diesmal in Vorarlberg geben, bei denen verschiedene Veranstalter engagiert sind. Darunter START-Vorarlberg, wo auch Freunde und Angehörige der Stipendiaten zum Urnengang in der Wahlkabine eingeladen sind.

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Stefanie Hanisch erklärt, warum die “Pass Egal”-Wahl wichtig ist.

“Die Situation ist einfach nicht mehr angemessen bzw. zeitgemäß”, sagt START-Chefin Stefanie Hanisch, die selbst seit zehn Jahren in Vorarlberg lebt und deutsche Staatsbürgerin ist. Sie ist nicht nur selbst immer wieder mit dem Wahl-Thema konfrontiert, sondern weiß auch um zahlreiche Jugendliche im Wahlalter, die keinerlei Möglichkeit haben, in einem Land mitzustimmen.

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Denys hat sich noch nicht entschieden, für wen er stimmen wird.

Unter anderem ist auch Sedra der Meinung, dass grundsätzlich jede Stimme bei Wahlen zählt und die Regelung nicht an den Pass gebunden sein sollte. Aber natürlich sei die Voraussetzung dafür, sich im Land auszukennen. “Integration ist wichtig”, sagt auch Denys. “Und Menschen- und Frauenrechte zu achten”, fügt Osama noch hinzu.

Nächste Woche gibt es nun zumindest die Möglichkeit im Rahmen der “Pass Egal”-Wahl symbolisch abzustimmen. Denys ist sich noch nicht sicher, bei welcher Partei er sein Kreuzchen setzen wird. “Es kommt darauf an, aus welcher Sicht ich das entscheiden werde.” Sedra schwankt noch zwischen drei Parteien. Osama hat bereits einen Favoriten und hofft auch, dass bei der Nationalratswahl viele wählen gehen.

Weitere Infos zur “Pass Egal”-Wahl und Standorte sind unter https://www.passegalwahl.at/ abrufbar.