Welche Demokratie?
Keine zwei Wochen mehr sind es bis zu den Präsidentschaftswahlen in den USA. Und tatsächlich erscheint einem vor diesem Hintergrund alles, was sich hierzulande abspielt, als harmlose Fingerübung. Natürlich werden auch hier Wahlen mit Fakenews gewonnen. Und natürlich gibt es auch hier Kandidaten, die uns weis machen wollen, 30% seien eine Mehrheit und Demokratie bestünde daraus, dass irgendjemand den geheimen Willen des Volkes verkörpern könnte.
„Auch in Österreich gibt es leider Unternehmerpersönlichkeiten die glauben, man könnte ein Land wie ein Unternehmen führen.“
Aber wie es um die Demokratie wirklich steht, lässt sich nun am Beispiel der ältesten Demokratie der Welt beobachten. Wir schauen über den Atlantik und sehen einen Kandidaten der schon einmal versucht hat, eine Wahlniederlage mit dem zu korrigieren, was er unter dem „Willen des Volkes“ verstand, einem bewaffneten Mob, den er auf das Kapitol hetzte. Das er dafür nicht längst in einem Gefängnis sitzt, gehört zu den vielen Rätseln der Gegenwart.
Nun hat er sich der Unterstützung des reichsten Mannes der Welt versichert, der gerade öffentlich angekündigt hat, Stimmen für den Kandidaten mit einer Millionen Dollar pro Stück zu kaufen, natürlich im Rahmen einer Lotterie, sonst wird es selbst Elon Musk zu teuer. Auch in Österreich gibt es leider Unternehmerpersönlichkeiten die glauben, man könnte ein Land wie ein Unternehmen führen. Und dabei vergessen machen wollen, dass ein Land seinen Bürgerinnen und Bürgern gehört, und nicht einem Unternehmer, der sich für allmächtig hält. So manche einstmals bewunderten „Unternehmerpersönlichkeiten“ driften seit Corona ins Reich der Verschwörungsfantasien ab. Elon Musk, wie gesagt der reichste Mann der Welt, macht Stimmung gegen eine angebliche geheime Weltregierung von Reptiloiden und Kinderschändern. Und offenbar kommt ein großer Teil der amerikanischen Wähler nicht auf den einfachen Gedanken, dass da offenbar jemand von seinen eigenen Allmachtsambitionen ablenken möchte… Aber auch in Österreich greift diese Form von Verwirrung um sich.
Ein bekannter und höchst innovativer Unternehmer lädt zu seinem Freizeitvergnügen schon verrückte rechtsradikale Schwurbler wie Ken Jebsen zum Vortrag ins Ländle. Und Karl Nehammer muss sich dafür beschimpfen lassen, einem Coronaleugner wie Kickl nicht das höchste Staatsamt zu überlassen. Ich muss Abbitte leisten – dafür, Karl Nehammer einmal einen Türsteher der Nation genannt zu haben. Aber genau, das ist es, was die österreichische Demokratie offenbar gerade dringend braucht.
Hanno Loewy ist Direktor des Jüdischen Museums in Hohenems.
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