Aufholbedarf bei „Gemeinnützigen“

Vorarlberg / 22.11.2024 • 16:01 Uhr
Gerade für junge Menschen rückt der Traum vom Eigenheim in weite Ferne.  PS
Entlastung für alle: „Wenn der Anteil der gemeinnützigen Wohnungen größer wird, dann senkt das auch die Mieten im privaten Sektor”, sagt Wohnbauforscher Michael Klien. Foto: VN/Steurer

WIFO-Experte Klien: Von mehr Wohnungen in diesem Segment würden alle Mieter profitieren.

SCHWARZACH. Die gute Nachricht: Laut Statistik Austria sind im vergangenen Jahr insgesamt 3800 Wohnungen fertiggestellt worden in Vorarlberg. Das waren kaum weniger als im Jahr davor (3902), ja gemessen an der Bevölkerung so viele wie in keinem anderen Bundesland. Und auch wenn man berücksichtigt, dass die Angaben mit Vorsicht zu genießen sind, weil es Fertigstellungen gibt, die nicht gemeldet werden und daher auch nicht enthalten sind in den Zahlen, ist es etwas, was hoffen lässt: Bei den Baubewilligungen ist es zwar zu einem Einbruch gekommen, aus der Vergangenheit sind aber noch Projekte offen, die jetzt abgearbeitet werden, wie Michael Klien vom Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO bestätigt: „Das trägt sicherlich zu einer Stabilisierung bei.“

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Die weniger gute Nachricht: Von allen fertiggestellten Wohnungen entfällt nur ein geringer Teil auf gemeinnützige. Statistik Austria ist auf 244 im vergangenen Jahr gekommen. Das entspricht 0,6 pro 1000 Einwohner bzw. nicht einmal halb so vielen wie bundesweit (1,4). Auch hier gilt: Die Angaben sind mit Vorsicht zu genießen. Grundsätzlich entspricht es laut Klien jedoch der Tatsache, dass der gemeinnützige Wohnungssektor in Vorarlberg klein ist.

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Genauer: „Es ist historisch so, dass der gemeinnützige Wohnbau in Westösterreich und hier wiederum ganz besonders in Tirol und Vorarlberg nie eine große Rolle gespielt hat“, so Klien. Das gelte sowohl für den Miet- als auch für den Eigentumsbereich. Bis in die 1990er Jahre hinein hätten gemeinnützige Bauträger in Oberösterreich zum Beispiel auch sehr viel Eigentum errichtet: „Das war in Vorarlberg sehr schwach ausgeprägt.“

Außerdem habe man gemeinnützige Wohnungen in Tirol und Vorarlberg primär als Sozialwohnungen betrachtet, die für Menschen mit wenig Geld zur Verfügung gestellt werden: „In anderen Bundesländern haben sie meistens auch schon als günstiges Segment gegolten, das allen Bevölkerungsschichten offensteht.“

Aufholbedarf bei „Gemeinnützigen“
„Es wird versucht, stärker den Wohnungsmarkt in seiner Breite anzusprechen”, analysiert Michael Klien im Gespräch mit den VN. Foto: WIFO

Michael Klien sieht jedoch eine Veränderung im Land. Er spricht damit auf Initiativen wie „Wohnen550“ von Land und „VOGEWOSI“ an, bei dem es um erschwingliche Wohnungen vor allem für Jüngere geht; sowie die Ankündigung von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) und Landesstatthalter Christof Bitschi (FPÖ) etwa, mehr als 550 neue gemeinnützige Wohnungen pro Jahr zu errichten bzw. „das Maximale herauszukitzeln“. Klien: „Es wird versucht, stärker den Wohnungsmarkt in seiner Breite anzusprechen. Das ist eine Chance. Wenn der Anteil der gemeinnützigen Wohnungen größer wird, dann senkt das auch die Mieten im privaten Sektor.“

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Statistik Austria versucht nicht nur zu erfassen, wie viele Wohnungen neu gebaut werden, sondern auch, wie viele wegfallen, also zum Beispiel abgerissen werden. Hier zeigt sich eine deutliche Veränderung: Gegenüber 2021 ist die Zahl in Vorarlberg von 870 auf 471 im vergangenen Jahr eingebrochen. Mögliche Erklärung: Weil Bauen teurer geworden ist, wird eher am Bestand festgehalten. Seit 2020 ist der Baupreis immerhin um ein Drittel gestiegen. Außerdem ist die Finanzierung aufgrund höherer Zinsen schwieriger geworden.