Das Sägenareal in Dornbirn: Ein Ort zwischen Tradition und Wandel

Vorarlberg / 06.12.2024 • 13:30 Uhr
Sägenareal
Das Sägenareal an der Sägerbrücke um 1940. Haymon

Das Sägenareal in Dornbirn entwickelte sich vom Industriezentrum zur Wissensdrehscheibe.

Dornbirn 1851 wagten zwei visionäre Unternehmer, Johann Baptist Salzmann und Michael Lenz, einen wichtigen Schritt in ihrer Laufbahn. Mit dem Antrag, eine Spinnerei auf dem Gelände einer ehemaligen Mühle zu errichten, legten sie den Grundstein für das Sägenareal, das in den folgenden Jahrzehnten zu einem bedeutenden Zentrum der Textilindustrie heranwachsen sollte.

Sägenareal
Der Spinnereihochbau, heute Teil der Fachhochschule und des Campus.

Der Anfang: Die Spinnerei Salzmann & Lenz

Salzmann, ein umtriebiger Textilunternehmer, und Lenz, der bereits 1810 eine der ersten Spinnereien des Landes gegründet hatte, ergänzten sich perfekt. Gemeinsam errichteten sie am Mühlkanal einen dreigeschossigen Spinnereibau, der typisch für die damalige Zeit war: zehn mal vier Achsen, robust und funktional. 1856 wurde das Gebäude mit einer 30 PS starken Dampfmaschine ausgestattet – eine technische Errungenschaft, die den Betrieb entscheidend modernisierte. 1873 übernahmen die Söhne Salzmanns die Leitung des Unternehmens und führten es unter dem Namen des Vaters weiter. Sie investierten in Innovationen, integrierten 1890 eine Färberei und Bleicherei und erweiterten den Betrieb. Doch trotz dieser Bemühungen geriet das Unternehmen in Schwierigkeiten und musste 1894 Konkurs anmelden.

Aufschwung unter F.M. Hämmerle

Ein Jahr später trat der lokale Textilgigant F.M. Hämmerle auf den Plan. Er erkannte das Potenzial des Areals und investierte in umfangreiche Erweiterungen. 1898 wurde auf Buntweberei umgestellt, und die dafür notwendige Kraftanlage wurde installiert. Ein Shedbau folgte 1906, und 1927 schuf ein weiterer Neubau Platz für 600 Webstühle. Zu jener Zeit entstand der größte Websaal Österreichs, ein beeindruckendes Symbol für den Aufstieg Dornbirns zur Textilhochburg.

Krieg und Wiederaufbau

Der Zweite Weltkrieg brachte einen radikalen Wandel. Unter der Tochterfirma „Gerätebau Hämmerle & Co.“ wurden im Sägenareal Flugzeugteile und Granaten produziert. Werkstätten wie Schlossereien, Spenglereien und Schreinereien wurden vollständig auf Rüstungszwecke umgestellt. Im Obergeschoss entstanden Schlafräume für Zwangsarbeiter – ein dunkles Kapitel in der Geschichte des Areals. Nach dem Krieg erlebte das Sägenareal einen wirtschaftlichen Aufschwung. In den 1960er-Jahren hielten moderne Webautomaten Einzug, die 1968 zu einem weiteren Anbau führten. Die 1970er- und 1980er-Jahre standen im Zeichen massiver baulicher Veränderungen: Neue Hallen entstanden, alte Shedbauten wurden abgerissen.

Von der Industrie zur Bildung

Parallel zur industriellen Nutzung etablierte sich das Sägenareal als Ort der Bildung. 1956 wurde in unmittelbarer Nähe die Bundestextilschule errichtet, ein modernes Bauwerk, das Dornbirns Status als Textilhochburg unterstrich. Mitte der 1990er-Jahre zog der Campus der Fachhochschule Vorarlberg auf das Gelände. Der ursprüngliche Spinnereihochbau, der noch immer an der Stadtstraße steht, erinnert an die Anfänge des Sägenareals. Zugleich markieren die neuen Bauten den Übergang in eine moderne Nutzung. Heute verbindet das Sägenareal Geschichte und Gegenwart – ein lebendiges Denkmal der industriellen und kulturellen Entwicklung Dornbirns. MEC