Reinhold Bilgeri

Kommentar

Reinhold Bilgeri

Die Steigbügelhalter

Vorarlberg / 23.01.2025 • 07:05 Uhr

„Kickl ist ein Sicherheitsrisiko für Österreich“ – Diese Diagnose teilen scheints 71 % der Wähler und sie basiert auf Fakten. Die Film-Doku „Die Zelle – Putins Wiener Spione“ beweist es und hat Frau Ammann arg auf den Magen geschlagen. Da werden u.a. die Hintergründe der von Kickl mit-initiierten Zerschlagung des damaligen BVT thematisiert. Einer der Hauptdarsteller: der Wirecard-Flüchtling Marsalek, dem ein ehemaliger FPÖ-Abgeordneter zur Flucht verholfen hatte. Er war offensichtlich in mutmaßlich geheimdienstliche Tätigkeiten für die Russen verwickelt.  Die Deutschen Nachrichtendienste warnen jetzt schon, dass Derartiges im rechten Eck weiterbetrieben werden könnte.

Klingt wie ein Krimi, gell? Ist es auch. Kein Spielfilm, eher eine nüchterne Staatsaffäre, die uns alle wachrütteln müsste.  Aber „wir sind eine „Schlaferl-Republik“, bringt es die Grand Dame des österreichischen Qualitätsjournalismus Anneliese Rohrer („Die Presse“) auf den Punkt.

Ganz abgesehen von „Fahndungslisten“ und Denunzierungsplänen für kritische Lehrer –

Wir sollten auch die Warnungen des Wiener Bürgermeisters bezüglich „Kickl als Sicherheitsproblem“ sehr ernst nehmen. „Ich wüsste nicht, wie sich das verändert haben könnte“, sagte er am letzten Wochenende in einem TV-Interview. Die FPÖ sei in weiten Teilen eine rechtsextreme Partei, ist er überzeugt. “Nicht zuletzt hat Herbert Kickl das ja von sich selbst behauptet und trägt es wie einen Orden vor sich her“ – und dann noch ein fast kryptischer Satz, der die laufenden Verhandlungen am Ende noch ins Wanken bringen könnte …!? denn: Die SPÖ sei „jederzeit bereit, sofort die Verhandlungen mit ÖVP und Neos neu aufzunehmen“… hört hört… wäre das nicht ein zusätzlicher Pfeil im Köcher der ÖVP?

Wer weiß schon was morgen ist … in Zeiten wie diesen.

Ca. 15 % der Bevölkerung wünschen sich, laut neuesten Umfragen („Demokratie Monitor“) „einen starken Führer, der sich nicht um Parlament oder Wahlen kümmern muss.“  Gänsehaut. Corona, Teuerung und Putins Ukraine Desaster haben das mitzuverantworten, keine Frage. Aber können die restlichen 14 %, die auch die FPÖ gewählt haben, tatsächlich einen Kanzler wollen, der einen Massenmörder wie Putin oder einen hinterfotzigen Autokraten wie Orban hofiert und der „senilen Mumie in der Hofburg noch die Flausen austreiben will“?  Dieser Ton der Diffamierung, Beleidigung und Herabwürdigung ist das würdeloseste Gewäsch, das ein österreichischer Politiker je von sich gegeben hat. So einen ins Kanzleramt zu hieven, wird den Steigbügelhaltern noch auf den Kopf fallen. Denn solchen Worten werden auch Taten folgen, fürchtet Frau Ammann, sobald er auf dem Thron sitzt, der vermeintliche Rächer der Zurückgelassenen – dabei werden gerade die FPÖ-Wähler die Hauptlast des Sparkurses tragen müssen, sägen also eifrig am Ast, auf dem sie selber sitzen. Der Aufprall könnte ein harter werden.

Eine zivilgesellschaftliche Allianz wird nötig sein.

Reinhold Bilgeri ist Musiker, Schriftsteller und Filmemacher, er lebt als freischaffender Künstler in Lochau.