“Tierisch interessant”: Das große Miezverständnis

Vorarlberg / 31.01.2025 • 08:50 Uhr
"Tierisch interessant": Das große Miezverständnis
Finni und Yoko Ono haben wenig Lust zum Stillsitzen fürs Foto. Constance Stickler und Tochter Indira sind darin definitiv besser. VN/Paulitsch

Die Bregenzer Tierärztin Tanja Warter berichtet in der neuen VN-Serie über spannende, wissenswerte und oft überraschende Fakten aus der Welt der Haustiere.

Bregenz Wenn Constance Stickler aus Wolfurt von ihren beiden Stubentigern Finni und Yoko Ono erzählt, gerät sie ins Schwärmen: „Finni ist ein extrem anhänglicher Kater, sehr neugierig, verspielt und ein richtiger Kuschler.“ Yoko Ono sei hingegen eher schüchtern, beobachte Finni aber stets genau bei allem, was er tut. „Sie haben faszinierend unterschiedliche Charaktere, verstehen sich aber hervorragend.“

Tanja Warter Tierisch interessant
Tanja Warter ist Tierärztin und Wissenschaftsjournalistin. Sie lebt und arbeitet in Bregenz.  

Katzen sind, mal abgesehen von Aquarienfischen, zahlenmäßig unsere beliebtesten Haustiere. Im vorigen Jahr lebten in Österreich über zwei Millionen Samtpfoten. Das ist ein zwar Schätzwert, beruht aber auf seriösen Grundlagen, denn anders als (die allermeisten) Hunde sind Katzen nicht registriert. Man kann davon ausgehen, dass es mindestens doppelt so viele Katzen wie Hunde gibt. Und trotzdem: Sie hüten bis heute viele Geheimnisse und werden häufig missverstanden – vor allem in Bezug auf ihr Sozialleben.

Was mir Katzenbesitzer zum Beispiel in den vergangenen vier Wochen alles berichteten und worüber sie sich Sorgen machten: „Molly schaut stundenlang nur aus dem Fenster.“ – „Lilly weckt mich mit lautem Schreien jede Nacht drei Mal auf.“ – „Cindy zerkratzt plötzlich unser Sofa.“ Häufig vermuten Menschen dann, Langeweile sei der Grund für die Eskapaden. Und sie entscheiden: Eine zweite Katze muss her! Die Hoffnung: „Dann können die beiden wunderbar miteinander spielen.“

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Finni auf seinem Lieblingsplatz mit Kuscheldecke und Aussicht.

Denkt man – und holt sich die Probleme häufig erst recht ins Haus. Katzen sind zwar grundsätzlich sozial, manche mehr, manche weniger, aber niemals so sehr, dass sie jede x-beliebige andere Katze, die ins Haus kommt, super finden. Im Gegenteil: Der Alltag einer Katze ist sehr fein strukturiert. Nach dem Frühstück eine Markierrunde im Garten, dann ein Schläfchen auf dem Fensterbänkle, ein kurzer Besuch bei einer Nachbarkatze, eine längere Lauerjagd vor einem Mausloch, spielen, fressen, schlafen. Das Katzengrundgesetz lautet: Je regelmäßiger der Alltag, desto zufriedener das Tier. Motto: Man störe ihre gewohnten Kreise möglichst wenig.

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Indira aus Wolfurt beschäftigt sich gerne mit ihren zwei Stubentigern.

Gegen dieses Grundgesetz verstößt eine neue Katze fundamental. Mit teils verheerenden Folgen. Menschen mit neuer Zweitkatze erzählten mir in den vergangenen Wochen: „Die alte Katze versteckt sich nur noch auf dem Kleiderschrank.“ – „Die alte Katze traut sich nicht mehr ans Futter.“ – „Die alte Katze jagt die neue immer weg und attackiert sie bei jeder Gelegenheit.“ – „Die alte Katze benutzt jetzt den Badezimmerteppich als Katzentoilette.“

Nicht selten geht der Stress für die Tiere so weit, dass man die neue Katze nach wenigen Wochen schweren Herzens wieder abgeben muss. Im Zweifelsfall ist das Tierheim die einzige Lösung. Zusätzlich muss das Vertrauen von Katze Nummer 1 mit viel Geduld und Liebe zurückgewonnen werden. Aus der Traum.  

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Finni macht es sich gerne auf seinem Kratzbaum bequem.

Unser Wunschbild von miteinander spielenden Katzen stammt vor allem von jungen Tieren, die zusammen aufgewachsen und eng befreundet sind. So wie die Geschwister Finni und Yoko Ono. Allgemein beschäftigen sich ältere Katzen aber wenig miteinander, bestenfalls leben sie halbwegs harmonisch nebeneinanderher. Deswegen ist eine Partnerkatze so gut wie nie eine Lösung für Langeweile.

Was wirklich gegen Langeweile hilft: Ein gut strukturierter Tag und mehr Kontakt zum Menschen mit Spiel- und Streicheleinheiten zu fixen Zeiten. Zum Start können Sie beispielsweise täglich morgens und abends für 15 Minuten die Federangel auspacken. Dazu die Fütterung auf mindestens vier kleinere Portionen über den Tag verteilen. Sie werden staunen, wie die Zufriedenheit der Katze wächst.

Die Serie „tierisch interessant“ wird unterstützt vom Land Vorarlberg

Fragen und Antworten

Wer es trotzdem ausprobieren und einer zweiten Katze ein Zuhause geben möchte, sollte für die Zusammenführung unbedingt Expertenrat einholen. Welche Erfahrungen haben Sie?

info@docwarter.com