Vom Fremdsein in der eigenen Heimat

Vorarlberg / 26.05.2025 • 12:12 Uhr
Isabel Natter, Vorarlbergerin des Tages, Vorarlberger des Tages, VdT
Im Jahr 2025 ging der Literaturpreis an Tobias March. Arbeitsstipendien erhielten Isabel Natter, Bianca Tschaikner und Merlin Sebastian Miller. VLK/Serra

Isabel Natter bekam für ihre Kurzgeschichte „A Foatige“ ein Arbeitsstipendium vom Land Vorarlberg.

Wien, Dornbirn Telefonieren ist nicht so das ihre. Schreiben dafür umso mehr. Als Isabel Natters Handy nicht wie gewohnt eine Textnachricht ankündigte, sondern ein Telefonat, tat sie, was sie immer tat: Sie ließ es einfach klingeln. Und verpasste so den wichtigsten Anruf in diesem Jahr. Nämlich den der Kulturabteilung des Landes Vorarlberg. Wie gut, dass darauf eine E-Mail folgte und die freudige Nachricht schwarz auf weiß auf ihrem Bildschirm erschien: Wir möchten Ihnen mitteilen, dass wir für Ihren eingereichten Text „A Foatige (Eine Auswärtige)“ ein Arbeitsstipendium in Höhe von 1500 Euro zuerkennen. Herzlichen Glückwunsch! „Ich habe einen Freudentanz aufs Parkett gelegt“, erzählt die 30-jährige Bregenzerwälderin, die sich an diesem Morgen noch alleine im Atelier befand. „Und dann habe ich ungeduldig gewartet bis jemand kommt, dem ich davon erzählen kann …“

Isabel Natter, Vorarlbergerin des Tages, Vorarlberger des Tages, VdT
Vórtice nennt sich das Werk der Künstlerin Alicia Martín unter dem Isabel Natter Platz genommen hat. Natter

„Im Atelier habe ich einen Freudentanz gemacht und gewartet bis jemand kommt, dem ich vom Literaturstipendium erzählen kann.“

Isabel Natter, Autorin

Isabel Natter, Vorarlbergerin des Tages, Vorarlberger des Tages, VdT
Isabel Natter wird von Landesrätin Barbara Schöbi-Fink für ihren Text „A Foatige (Eine Auswärtige)“ ausgezeichnet. VLK/Serra

Ein Wechselspiel

Ihre Kurzgeschichte erzählt von Identität, Entwurzelung und dem Gefühl von Fremdsein in der eigenen Heimat. Im Wechselspiel beleuchtet sie zwei Frauenschicksale. Da ist Katharina Moosbrugger, die im 19. Jahrhundert lebte und einen Teil ihrer Kindheit in Mailand verbrachte. Ihr Großvater war einer der Käsegrafen und sie – entwurzelt – blieb im Bregenzerwald ihr Leben lang „a Foatige“. Den Perspektivenwechsel ins 21. Jahrhundert vollzieht Natter mit einer namenlosen Autorin, die sehr krank ist und nach Schnepfau zurückkehrt, um zu sterben. „Für mich war es immer eine Horrorvorstellung, wenn ich so entwurzelt würde“, sagt Natter mit Blick auf ein emotionales Erbe: „Die Käsegrafen sind unsere Verwandtschaft.“

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Isabel Natter hält sich gerne in der Natur auf. Natter

Für Natter passte diese Geschichte gut, um sie beim Literaturpreis des Landes Vorarlberg 2025 einzureichen. Denn obwohl sie 2023 leer ausging, ließ sie sich nicht entmutigen. Was sich allerdings dieses Mal anders anfühlte: „Für mich war die Geschichte stimmig“, betont die Bregenzerwälderin. „Vor dem Absenden habe ich mir die Frage gestellt, ob ich zufrieden bin“. Denn ihr Anspruch ist es, dass das Bauchgefühl stimmt. Natürlich ist ihr aber auch bewusst, dass ein Preis oder ein Stipendium von mehreren Faktoren abhängt. „Passt das Thema, werde ich gesehen und ja, auch Glück gehört dazu“, zählt Natter auf.

Isabel Natter, Vorarlbergerin des Tages, Vorarlberger des Tages, VdT
Isabel Natter liest bei der Verleihung des Arbeitsstipendiums aus „A Foatige“ vor. Natter

Die junge Autorin ist keine Unbekannte in der Literaturszene. Ihr Debütbilderbuch „Dumpelchen geht Schritt für Schritt“, das 2021 im Verlag Bibliothek der Provinz erschien, musste bereits nach zwei Wochen nachgedruckt werden. Inzwischen liegen noch mehr Eisen im Feuer. Das Manuskript eines Fantasy-Jugendbuches ist fertig, das eines Coming-of-Age-Romans so gut wie. Außerdem soll aus ihrer ausgezeichneten Kurzgeschichte „A Foatige“ ein Roman werden. Daran arbeitet sie gerade. Und mit Blick auf nächste Projekte gibt es da noch die Idee für eine Fortsetzung ihres Debüt-Werkes.

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Nur drei Kilometer Luftlinie vom Stephansdom entfernt, im Grünen Prater, fühlt die naturverbundene Bregenzerwälderin wohl. Natter

Schreiben in Wien

Obwohl die junge Frau inzwischen in Wien lebt, arbeitet sie nach wie vor für den Landesverband Vorarlberg für Amateurtheater. Sie betreut die Website, verfasst und versendet Newsletter und ist für alles zuständig, was Online betrifft. „Diese Arbeit kann ich von überall machen“, schätzt sie ihren Beruf. In die Bundeshauptstadt zog es sie vor allem der Schreiberei wegen. „Dort habe ich das Gefühl, mich in einem Umfeld zu befinden, in dem andere Leute auch schreiben“, verrät die Wälderin, die sich im dritten Bezirk, in der Nähe des Schloss Belvedere niedergelassen hat. Und doch findet sie vor allem auch im Bregenzerwald kreative Inspiration. So will sie demnächst in Schnepfau eine mehrwöchige Schreibzeit einlegen. Doch davor geht es noch in den Urlaub. Dass sie da das Handy ganz bestimmt nicht abnehmen wird, versteht sich von selbst. Freudige Nachrichten sind ihr schwarz auf weiß sowieso lieber. CRO

Zur Person

Isabel Natter
Alter
30 Jahre alt
Wohnort Wien, Dornbirn
Beruf Angestellte beim Landesverband Vorarlberg für Amateurtheater, Autorin
Hobbys Lesen, voll gerne in die Natur gehen, wenn es richtig grün, um mich herum ist, ….
Veröffentlichung Dumpelchen geht Schritt für Schritt

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NatterEinfach im Gras liegen, das macht Isabel Natter gern.
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NatterIsabel liebt die Natur und das Wanndern.
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VLK/SerraBeim Literaturpreis 2025.
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Im Jahr 2025 ging der Literaturpreis an Tobias March. Arbeitsstipendien erhielten Isabel Natter, Bianca Tschaikner und Merlin Sebastian Miller. VLK/Serra