“Mobbing muss angegangen werden, wo es passiert” – Was tun bei Cybermobbing

Vorarlberg / 21.09.2025 • 08:00 Uhr
"Mobbing muss angegangen werden, wo es passiert" – Was tun bei Cybermobbing
Das Internet ist ein weiterer Lebensraum der heutigen Zeit, mit allen altbekannten Problemen.VOL/Rauch

Wie Eltern, Lehrer und Zeugen auf Mobbing in Whatsapp & Co. reagieren können und sollten, weiß Alexander Wachter vom Kinderschutz des ifs.

Bregenz Kaum eine Klasse, deren Schülerinnen und Schüler keine WhatsApp-Gruppe haben. Doch was ist, wenn es dort nicht harmonisch zugeht, sondern einzelne Klassenmitglieder gemobbt werden? Was viele Eltern nicht wissen: Bislang ist es nicht die Aufgabe der Schule und Lehrer, auf das Geschehen in Chatgruppen ein Auge zu haben.

Eltern in der ersten Reihe

“Eltern sollten bei der Anschaffung eines Smartphones die Apps gemeinsam mit dem Kind installieren, erkunden und erklären”, betont der Experte. Es müsse allen bewusst sein, dass das Kind unvermeidlich auch ungeeigneten Inhalten ausgesetzt werden wird. “In einer Hausaufgabengruppe wird alles geteilt, nicht nur Hausaufgaben”, warnt Wachter. In Snapchat ist es noch kritischer, da hier im Gegensatz zu WhatsApp auch anonyme Konten möglich sind.

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Die Lehrkräfte nutzen für den Kontakt zu Eltern und Schülern meist Apps wie SchoolFox, die DSGVO-konform sind. Die Geräte, seien es Tablets oder Smartphones, sind Privateigentum und daher ebenso tabu für die Lehrkräfte. “Eltern sind die Experten für ihre eigenen Kinder”, erinnert Wachter. Diese sollten sensibel sein: Wie reagiert das Kind, wenn es am Handy ist? Verändert sich sein Nutzungsverhalten? Wenn das Kind mit Problemen komme, wäre ein Handyentzug, egal wie gut gemeint, die falsche Reaktion. Dies wird als Strafe empfunden. Stattdessen muss man offen sein und gemeinsam mit dem Kind an einer Lösung arbeiten, um das Vertrauen des Kindes zu erhalten.

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Schulen nicht ohne Verantwortung

Aber: “Mobbing muss dort angegangen werden, wo es entsteht und stattfindet”, betont Alexander Wachter vom ifs Kinderschutz. Und auch wenn der digitale Raum nicht das Klassenzimmer ist – wenn Mobbing innerhalb der Klassengemeinschaft stattfindet, gibt es aus Wachters Sicht einen Handlungsbedarf auch für die Schule. Entsprechend sollten Eltern die Schule informieren und an einem Netzwerk bestehend aus Eltern, Schule und Systempartnern wie der Schulsozialarbeit interessiert sein.

Schuldfrage vor Gericht statt Schule

“Eine Suspendierung ist nicht geeignet, das Problem zu lösen”, betont Wachter. Die Schule müsse vielmehr der Ort der Intervention und Aufarbeitung sein. “Es geht oft um ‚wer ist schuld‘, statt dass man an einer Lösung arbeitet”, warnt Wachter. Eine WhatsApp-Gruppe besteht in so einem Fall aus Opfern, Tätern und Mitwissern. Entsprechend müsse an der Schule am Gruppengefüge gearbeitet und die Geschehnisse aufgearbeitet werden, um Einsicht und eine Verbesserung erreichen zu können.

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Ungeachtet davon besteht, vor allem ab Erreichen der Strafmündigkeit, dennoch eine Schuldfrage: Mit Erlaubnis des Opfers können Täter nach Paragraf 107c des Strafgesetzbuchs belangt werden. Bei einem entsprechenden Urteil droht Haft.

§ 107c Strafgesetzbuch

(1) Wer im Wege einer Telekommunikation oder unter Verwendung eines Computersystems in einer Weise, die geeignet ist, eine Person in ihrer Lebensführung unzumutbar zu beeinträchtigen,

  1. eine strafbare Handlung gegen die Ehre einer Person für eine größere Zahl von Menschen für eine längere Zeit wahrnehmbar begeht oder
  2. eine Tatsache oder Bildaufnahme des höchstpersönlichen Lebensbereiches einer Person ohne deren Zustimmung für eine größere Zahl von Menschen für eine längere Zeit wahrnehmbar macht,

ist mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 720 Tagessätzen zu bestrafen.

(2)Hat die Tat den Selbstmord oder einen Selbstmordversuch der im Sinn des Abs. 1 verletzten Person zur Folge, begeht der Täter innerhalb eines ein Jahr übersteigenden Zeitraums fortgesetzt gegen die verletzte Person gerichtete Tathandlungen im Sinne des Abs. 1 oder übersteigt die Dauer der Wahrnehmbarkeit nach Abs. 1 ein Jahr, so ist der Täter mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen.

Anlaufstellen

Hier helfen auch mehrere Anlaufstellen: Der ifs Kinderschutz startete erst diesen September ein Programm zur medialen Gewalt, von Mobbing bis unerwünschtem Sexting. Das Angebot umfasst neben Stärkungsterminen für die Opfer auch ein Beratungsangebot bis hin zur Prozessbegleitung.

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Unterstützung bietet auch die Koordinationsstelle Mobbing der Bildungsdirektion, vor allem für den Pflichtschulbereich. Auch die Kinder- und Jugendanwaltschaft beschäftigt sich mit dem Thema, hinzu kommt das Angebot des Opferschutzanwalts.

Es ist nebenbei nicht das erste Mal, dass sich eine Schule wegen des Vorwurfs, nur nachlässig auf Mobbing reagiert zu haben, vor einem Vorarlberger Gericht verantworten muss. 2015 endete der Prozess in einem Vergleich.