Hilfsaktion mit Ausdauer

Vorarlberg / 28.09.2025 • 17:43 Uhr
50 Jahre Postfach für jeden, Maria Thurnher
Auf Traudel und Marta kann sich Maria Thurnher (v.l.) verlassen. VN/ Rhomberg

Das Postfach für jeden kann heuer sein 50-jähriges Bestehen feiern.

Dornbirn An den Öffnungstagen ist der Andrang zum Postfach für jeden in der Bildgasse in Dornbirn schon morgens groß. Draußen warten die Kunden, drinnen sortieren emsige Hände gebrauchte Kleidung, Haushaltsartikel, Spielsachen und vieles mehr, um damit die Verkaufsregale zu bestücken. Die Geschichte dieser Hilfsaktion begann vor 50 Jahren. In der Küche von Maria Thurnher (80) überlegte die Katholische Mütterrunde Hatlerdorf, wie Menschen bzw. Familien in Not geholfen werden könnte. Den Einwand, so etwas braucht es nicht, weil hier jeder jeden kennt, ließ Thurnher nicht gelten. „Aber nicht jeder gibt jedem etwas“, hielt sie dagegen. Zum Jubiläum, das am 1. Oktober gefeiert wird, wünscht sich die Russpreisträgerin, dass ihr Lebenswerk eine Zukunft hat. Sie selbst will zumindest ein bisschen kürzertreten: „Ich habe Mitarbeiterinnen, denen ich vertraue.“

50 Jahre Postfach für jeden, Maria Thurnher
Ilse, Herma, Helga und Gabi (v.l.) packen im Postfach für jeden gerne an.

Pink steht der rüstigen Pensionistin gut. Die Farbe wirkt wie ein Hoffnungsschimmer in einer Zeit, in der es Menschen oft am Nötigsten fehlt. Ihre Trägerin strahlt Ruhe und Souveränität aus. Mit starker, gleichzeitig jedoch freundlicher Hand organisiert Maria Thurnher das Postfach für jeden. Zu Beginn konnten Bedürftige schriftlich mitteilen, was sie brauchten, und bekamen es zugesandt. „Mit der Zeit wurde meine Küche jedoch zu klein“, erzählt Maria lächelnd. Es folgten mehrere Umzüge. Zudem ging das Verschicken der Pakete ins Geld. Der Wechsel in ein altes Ladenlokal begründete die Öffnung der Einrichtung. Bald wurde es aber auch dort zu eng. Vor 35 Jahren fand das Postfach für jeden schließlich eine Heimat in der Bildgasse.

50 Jahre Postfach für jeden, Maria Thurnher
Maria Thurnher: „Ich habe Mitarbeiterinnen, denen ich vertraue.“

Nicht nur die Domizile änderten sich. Gleiches gilt für das Klientel. „Früher waren es vor allem Obdachlose, Suchtabhängige und Einheimische, dann Gastarbeiter. Heute sind es in erster Linie Asylwerber sowie Geflüchtete“, schildert Maria Thurnher. Dass sich ihre Idee so lange hält, hätte sie allerdings nicht gedacht. Doch heute braucht es das Postfach für jeden mehr denn je. Um den Andrang an Kunden in geregelte Bahnen zu lenken, werden Nummern verteilt. Weiters muss sich jeder im Büro anmelden. Ein Nachweis der Bedürftigkeit ist nicht erforderlich. „Man sieht die Armut“, flicht Maria ein. Die Registrierung braucht es wegen der limitierten Besuchszeiten. Das Postfach für jeden steht jedem alle acht Wochen offen. Bei der Warenausgabe zeigt man sich flexibel. „Es kommt auf die Menge des Angebots an“, erklärt Thurnher.

Was das betrifft, würde sie sich eine größere Sorgfalt von jenen erwarten, die Gebrauchtes abgeben. Oft sind die Mitarbeitenden stundenlang damit beschäftigt, etwa schlechte und beschädigte Bekleidung auszusortieren. „Das kann es nicht sein“, merkt eine der Frauen an. Insgesamt 42 arbeiten ehrenamtlich in drei Teams. „Auf sie kann ich mich verlassen“, bekräftigt Maria Thurnher, deren Engagement 2004 mit dem Russpreis geadelt wurde. „Das war eine große Ehre für uns.“ Als eingetragener Hilfsverein erhält das Postfach für jeden zwar öffentliche Gelder, rund 15.000 Euro sind jährlich aber selbst zu stemmen. Spender und Sponsoren helfen dabei. Maria Thurnher hofft, dass es diese Unterstützung noch lange gibt.

IBAN AT83 3742 0000 0420 0010, Raiffeisenbank Hatlerdorf, Postfach für Jeden