Nach Enthüllungen in Führerschein-Causa: Durchfallquote “über Nacht” halbiert

Vorarlberg / 14.10.2025 • 17:05 Uhr
Nach Enthüllungen in Führerschein-Causa: Durchfallquote "über Nacht" halbiert

Vom letzten auf einen der vordersten Plätze: Mit neuen Fahrprüfern schaffen plötzlich drei von vier Fahrschülern den Führerschein auf Anhieb.

Bregenz Vorarlberg war jahrelang kein guter Boden für Fahrprüfungen. Fahrschüler sind reihenweise durchgefallen – oft ohne erkennbaren Grund. Schilderungen von Betroffenen zeichnen ein Bild der Willkür. Erste, den VN vorliegende Zahlen seit den Enthüllungen in der Führerschein-Causa erhärten den Verdacht. Demnach hat sich die Durchfallquote von gut 48 Prozent (Anm.: Gesamtjahr 2024) auf 24 Prozent halbiert. Praktisch über Nacht sind Vorarlbergs Fahrschüler vom Schlusslicht ins Spitzenfeld vorgestoßen. “Das zeigt, dass die Prüfer lange so geprüft haben, wie man ihnen gesagt hat, wie sie prüfen sollen”, sieht Barbara Germann-Frener, Sprecherin der Fahrschulen, ein systematisches Vorgehen hinter den früher hohen Durchfallquoten.

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Eine VN-Recherche hatte den Fall ins Rollen gebracht. Es geht um den Verdacht der systematischen Bereicherung einzelner Sachverständiger auf dem Rücken von Fahrschülern bei Fahrprüfungen. Im Fokus steht ein Mitarbeiter der zuständigen Behörde, der mittlerweile nicht mehr beim Land beschäftigt ist. Auch jenes von ihm gesteuerte Netzwerk ist zwischenzeitlich zerschlagen. Mit neuen Fahrprüfern, teils aushilfsweise aus Tirol, gibt es schlagartig völlig andere Ergebnisse. Die Annahme, einzelne Sachverständige hätten den Ermessensspielraum, den das österreichweit genormte Prüfungshandbuch zulässt, regelmäßig zuungunsten der Prüflinge ausgelegt, scheint sich damit zu bestätigen. “Diese Zahlen sind ein klares Indiz, dass zu streng geprüft wurde und Prüfungssituationen falsch beurteilt wurden”, so Germann-Frener weiter.

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Die jüngsten Zahlen zeigen damit auch, dass in den letzten Jahren womöglich viele tausend junge Vorarlberger Fahrschüler um eine verdiente positive Beurteilung ihrer Prüffahrt gebracht wurden. Verkehrsrechtsabteilung des Landes als zuständige Behörde und verantwortliche Vertreter der Landesregierung blieben jedenfalls untätig. Dabei hatten Fahrschulen schon früh auf hohe Durchfallquoten und mögliche Missstände hingewiesen. Diese Beschwerden seien aber regelmäßig abgeschmettert worden, heißt es seitens der Fahrschulen.

Nach Enthüllungen in Führerschein-Causa: Durchfallquote "über Nacht" halbiert
Barbara Germann-Frener: “Für uns gehören das Prüfungswesen und die Fahrschulinspektion getrennt.”

Eine zentrale Forderung war, Prüfer mit besonders hohen Durchfallquoten weniger häufig einzusetzen. Laut VN-Informationen durften aber selbst Sachverständige, die 9 von 10 Fahrschüler durchfallen ließen, ungehindert weiter prüfen. Das hat sich mittlerweile geändert. Die jüngsten Zahlen zu Durchfallquoten einzelner Sachverständiger, die für den September vorliegen und gestern in einer Arbeitsgruppe im Landhaus besprochen wurden, dokumentieren keine Ausreißer nach oben. Die Chancen auf eine faire Fahrprüfung im Land scheinen deutlich gestiegen zu sein. Zudem ist auch der Rückstau an Prüfungen so gut wie abgebaut.

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Für die Fahrschulen ist dennoch längst nicht alles eitel Wonne. Die Aufarbeitung dessen, was in den letzten Jahren passiert ist, gehöre zur Bereinigung dazu. Auch fehle es an strukturellen Änderungen. “Für uns gehören unverändert das Prüfungswesen und die Fahrschulinspektion getrennt”, kritisiert Germann-Frener die Machtfülle einer einzelnen Behörde.

Führerschein-Causa: Worum es konkret geht

HOHE DURCHFALLQUOTE In den letzten Jahren ist die Durchfallquote bei praktischen Fahrprüfungen in Vorarlberg deutlich angestiegen. Zuletzt ist jeder Zweite bei einer Prüffahrt gescheitert. Weit mehr als in anderen Bundesländern. Erklärung dafür gab es lange Zeit keine. VN-ENTHÜLLUNGEN Vertrauliche Listen zu den Vergütungen der Fahrprüfungen dokumentieren ein lukratives Geschäft für die Prüfer. Einzelnen, von ihnen kamen auf einen Nebenverdienst von jährlich bis zu knapp 50.000 Euro.

GESCHÄFTSMODELL Das Geschäft mit Fahrprüfungen war im Vorjahr 580.000 Euro schwer. Die Hälfte davon spülten Wiederholungsprüfungen in die Sachverständigen-Kassa. Der Verdacht: mögliche Bereicherung auf dem Rücken von Fahrschülern.

WILLKÜR-VERDACHT Dutzende Fahrschüler haben sich in den letzten Tagen in der Redaktion gemeldet. Ihre Schilderungen zeichnen ein Bild von Willkür. Tatsächlich gibt es bei einzelnen Prüfern auffällig hohe Durchfallquoten.

NETZWERK Mehrere Quellen beschreiben ein Netzwerk einzelner Sachverständiger. Die Fäden sollen bei einem der Behördenmitarbeiter zusammenlaufen.