Bischof Benno Elbs: „Friede braucht gerechte Ordnung“

Vorarlberg / 22.12.2025 • 17:00 Uhr
Bischof Benno Elbs: „Friede braucht gerechte Ordnung“
Beim Rückblick auf das Kirchenjahr 2025 betont der Feldkircher Diözesanbischof, dass Hoffnung und Friede nur dort wachsen können, wo Gerechtigkeit gelebt wird und sieht dabei die gesamte Gesellschaft in der Verantwortung. VN/Paulitsch

VN-Interview. Diözesanbischof Benno Elbs (65) und sein Resümee zum Kirchenjahr 2025. Bei Armutsbekämpfung sieht Bischof Benno Elbs die ganze Gesellschaft in der Pflicht.

Feldkirch Mit einem Jahresdankgottesdienst am 31. Dezember um 18 Uhr im Dom zu Feldkirch feiert Bischof Benno Elbs auch den Abschluss des Heiligen Jahres. Sein Fazit: „Es hat die Botschaft der Hoffnung kraftvoll vermittelt.“ Es gebe nichts, was die Welt derzeit mehr brauche. Für Weihnachten und das neue Jahre wünscht er sich, dass an möglichst vielen Orten der Welt Friede einkehrt, aber: „Friede ist eine Frucht der Gerechtigkeit und kann nur dauerhaft sein, wenn er auf einer gerechten Ordnung aufbaut.“

Was ist vom Heiligen Jahr aus Ihrer Sicht nachhaltig geblieben?

Das Heilige Jahr stand unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“. Ich glaube, dass es nichts gibt, was die Welt derzeit mehr braucht als Hoffnung. Das Heilige Jahr hat diese Botschaft kraftvoll vermittelt und viele Samen gesät, damit die Menschen Hoffnung in ihrem Leben neu erfahren können und anderen weiterschenken. Wenn das auch nur an wenigen Orten gelungen ist, ist viel erreicht.

Bischof Benno Elbs: „Friede braucht gerechte Ordnung“
Der Feldkircher Diözesanbischof warnt vor Kürzungen im Sozialbereich und erinnert daran, dass Verantwortung für die Schwächsten nicht allein an Staat oder Hilfsorganisationen delegiert werden kann. VN/Paulitsch

Die Katholische Kirche hat einen neuen Papst, Wien bald einen neuen Erzbischof als Nachfolger von Kardinal Schönborn: Wie ist es Ihnen damit persönlich ergangen?

Der Tod von Papst Franziskus, der mich 2013 zum Bischof ernannt hat und dem ich auch persönlich sehr verbunden war, hat mich sehr getroffen. Seine Beerdigung, die ich in Rom miterleben konnte, war für mich der bewegendste Moment des Jahres. Gleichzeitig erfüllt mich die Wahl von Papst Leo mit großer Zuversicht. Er bringt neue Akzente ein, setzt jedoch in vielen Fragen spürbar den Weg von Papst Franziskus fort. Vor allem spürt man, dass ihm die Einheit der Kirche ein Herzensanliegen ist, und ich freue mich mit den Katholiken in Wien über ihren neuen Erzbischof.

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Sie betreuen noch immer zwei Diözesen: Wie sehr hoffen Sie auf eine baldige Lösung?

Als Apostolischer Administrator ist es meine Aufgabe, den Übergang im Erzbistum Vaduz zu verwalten und zu gestalten, bis ein neuer Erzbischof ernannt wird. Solange ich für diese Aufgabe zuständig bin, nehme ich sie mit Freude und ganzer Kraft für die Menschen in Liechtenstein wahr. 

Wo sehen Sie die Katholische Kirche im Land?

Die Kirchenaustritte waren 2024 erneut rückläufig. Besonders erfreulich ist, dass die Zahl der Wiedereintritte markant steigt, nicht zuletzt, weil wir erstmals die Möglichkeit geschaffen haben, diesen Schritt auch online setzen zu können. Aber wichtiger als die Zahlen ist für mich die Atmosphäre im Land: dass Menschen im Gebet Kraft finden, sich sozial engagieren, Verantwortung füreinander übernehmen, Gemeinschaft stiften und die Gottesfrage wachhalten. Wir haben in der Katholischen Kirche Vorarlberg 20.000 Ehrenamtliche, die das gesellschaftliche Leben in unserem Land wesentlich mitprägen. Sie sind ein unglaublicher Schatz, für den ich nicht dankbar genug sein kann.

Die Kirche engagiert sich stark bei jungen Menschen. Ist dieses Engagement schon sichtbar?

Die Frage müssten die jungen Leute wohl selbst beantworten. Mir liegt der Kontakt zu jungen Menschen jedenfalls sehr am Herzen, und ich nehme wahr, dass das Interesse an Glaubensthemen wächst. Wenn ich etwa sehe, wie viele Fragen mich auf Instagram erreichen, zeigt mir das: Junge Menschen suchen nach Orientierung, und sie trauen dem christlichen Glauben zu, ihnen eine Richtung im Leben zu weisen. Das macht mir große Hoffnung.

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Inwiefern berührt Sie als Caritas-Bischof die Problematik rund um die Kürzungen im Sozialbereich?

Die Kürzungen im Sozialbereich treffen unmittelbar jene Menschen, die ohnehin besonders auf Unterstützung angewiesen sind. Als Caritas-Bischof sehe ich, wie wichtig öffentliche Hilfe und soziale Absicherung sind, um Armut zu lindern und ein würdevolles Leben zu ermöglichen. Gleichzeitig haben wir in den vergangenen Jahren die Verantwortung für die Schwächsten in unserer Gesellschaft vielleicht zu sehr an den Staat oder an Hilfsorganisationen wie die Caritas delegiert, und vielleicht haben wir dabei vergessen, dass wir alle Verantwortung füreinander tragen und dass auch der Einsatz jedes Einzelnen einen Unterschied machen kann. Nächstenliebe ist nicht delegierbar.

Ihr Prinzip ist Hoffnung und Zuversicht. Woher sollen Menschen in diesen Zeiten beides nehmen?

Für mich ist Hoffnung eine „Trotzmacht des Geistes“, wie Viktor Frankl gesagt hat. Es gäbe viele Gründe, den Kopf in den Sand zu stecken. Aber wir können nur weiterleben und als Gesellschaft wachsen, wenn wir den Widrigkeiten des Lebens begegnen und versuchen, Hass mit Liebe, Ausgrenzung mit Freundschaft und Kränkung mit Wertschätzung zu beantworten. In Momenten, in denen ein Streit beigelegt wird oder Verzweiflung sich in Freude verwandelt, entsteht Hoffnung. Das zeigt sich auch an Weihnachten. Jesus ist nicht in einer perfekten Welt Mensch geworden, sondern hat sich in die Schwierigkeiten des Lebens hineinbegeben, um von innen her die Welt und die Menschen zu verwandeln. Mit einem Wort: Weihnachten macht Hoffnung.

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Was wünschen Sie sich für Weihnachten und was für das neue Jahr?

Zusammen mit vielen Menschen sehne ich mich danach, dass die Botschaft, die die Engel bei der Geburt Jesu verkündet haben, an möglichst vielen Orten der Welt Wirklichkeit wird: Friede. Wir dürfen aber nicht vergessen: Friede ist eine Frucht der Gerechtigkeit und kann nur dauerhaft sein, wenn er auf einer gerechten Ordnung aufbaut. Dies zu verwirklichen, ist eine große Herausforderung, vor der die Weltgemeinschaft in vielen Krisenherden steht. 

Empfinden Sie die Ablehnung der Zulassung von Frauen als Diakoninnen durch eine Vatikan-Kommission als Rückschritt?

Ich habe es so verstanden, dass diese Frage noch nicht definitiv entschieden ist, sondern die Päpstliche Kommission in ihrem Schlussbericht die Tür offengelassen und weitere Gespräche angeregt hat. Man darf gespannt sein, was Papst Leo mit diesem Votum macht.

In welche Richtung muss/soll sich die Kirche bewegen, um bei den Gläubigen wieder glaubhaft zu werden?

Die Richtung der Kirche war immer eine doppelte: eine vertikale auf Gott hin und eine horizontale auf die Menschen zu. Dort, wo sie einen Raum schafft, in dem Menschen Gott begegnen und ihn als Kraftquelle für ihr Leben erfahren können, wird der Glaube lebendig. Wo die Kirche in die Lebenswirklichkeit der Menschen eintaucht, und ihre Sorgen, Hoffnungen und Fragen teilt, wird sie glaubhaft und anziehend für andere.

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