BErlin Heiligabend ist auch der große Tag von Maria. Im Stall kniet sie neben Josef an der Futterkrippe mit dem Jesuskind. Die „Heilige Jungfrau“ oder „Gottesmutter“ bildet in der katholischen Kirche den Mittelpunkt eines oft ultrakonservativen Marienkults, man verbindet sie mit dem Rosenkranz oder dem Wallfahrtsort Lourdes. Doch in jüngster Zeit kommt ein ganz neues Marienbild auf. „Maria 2.0“ nennen sich die Frauen, die für Geschlechtergerechtigkeit in der katholischen Kirche eintreten und den Zugang zum Priesteramt fordern. In Österreich haben die Initiatorinnen eines gesellschaftspolitischen Frauen-Volksbegehrens mit speziellen T-Shirts großen Erfolg: Darauf ist eine klassische Madonnen-Darstellung mit dem Spruch „The future is female“ (Die Zukunft ist weiblich) auf der Brust abgebildet. „Das T-Shirt ist überkonfessionell ein Renner“, berichtet die Theologin Judith Klaiber von der Universität Wien.
Jahrhundertelang ist Maria immer nur von Männern beschrieben worden, doch halten feministische Theologinnen mit neuen Interpretationen dagegen. „Wenn wir die ganzen Kitsch-Schichten mal abkratzen, was bleibt dann übrig?“, fragt Klaiber. „Eine junge Frau, die sehr früh schwanger wird. Nach allem, was wir heute wissen, war sie nicht älter als 15, 16 Jahre. Eine Frau, deren Kind nun wirklich nicht easy ist, sondern ziemlich viel Scherereien macht. Und die dann noch miterleben muss, wie dieses Kind als junger Erwachsener bestialisch ermordet wird. Ich glaube, darin können sich viele Menschen mit ähnlich schweren Schicksalen wiedererkennen.“ Maria ist bei ihnen nicht das willenlose Werkzeug Gottes. Stattdessen wird herausgestellt, dass sie sich aus freien Stücken dazu bereitfindet, die Mutter von Jesus zu werden. „Gott ist auf das Ja einer jungen Frau angewiesen, dieses Ja ist notwendig“, betont Klaiber.