Auto rast in Menschenmenge

Welt / 08.06.2022 • 22:45 Uhr
Der Wagen kam in einem Schaufenster zum Stillstand. AFP
Der Wagen kam in einem Schaufenster zum Stillstand. AFP

Eine Tote bei Tragödie in Berlin. Innensenatorin spicht von “Amoktat.”

Berlin Eine Schülergruppe aus Hessen ist in der Nähe der Gedächtniskirche in der deutschen Hauptstadt Berlin von einem Autofahrer erfasst worden, ihre Lehrerin wurde in den Tod gerissen. 14 Menschen wurden nach Kenntnisstand der Polizei von Mittwochabend verletzt, mehrere von ihnen lebensbedrohlich. Die Berliner Innensenatorin Iris Spranger bezeichnete die Todesfahrt des 29-Jährigen als „Amoktat“. Im Online-Dienst Twitter erklärte sie: „Nach neuesten Informationen stellt sich das heutige Geschehen in der Tauentzienstraße als eine Amoktat eines psychisch beeinträchtigten Menschen dar.“

Gruppe aus Bad Arolsen

Bei den Verletzten handle sich ausschließlich um Menschen aus der Schülergruppe, mit der die Lehrerin in Berlin unterwegs gewesen war, sagte eine Polizeisprecherin. Fünf oder sechs Personen seien lebensbedrohlich verletzt worden, drei weitere schwer. Wegen der dynamischen Lage schwankten die Angaben noch, hieß es. Die Klasse bestand aus Schülerinnen und Schüler einer zehnten Klasse aus Bad Arolsen.

Die Präsidentin der Hauptstadt-Polizei betonte zunächst die Offenheit der Ermittlungen. Man ermittele wirklich in alle Richtungen, sagte Barbara Slowik am Mittwochabend im RBB. Die Polizei schließe im Moment „gar nichts“ aus. Am Abend durchsuchte die Polizei mit Unterstützung eines Spezialeinsatzkommandos die Wohnung des Fahrers. Den Einsatz im Stadtteil Charlottenburg, über den die „Bild“-Zeitung berichtet hatte, bestätigte eine Polizeisprecherin. Zudem habe die Polizei Kontakt zur Schwester des Fahrers gehabt. In dem Wagen, den der in Berlin lebende Deutsch-Armenier fuhr, wurden neben Schriftstücken auch Plakate mit Aufschriften gefunden. „Ein richtiges Bekennerschreiben gibt es nicht“, hatte Innensenatorin Spranger vor ihrem Tweet gesagt. Sie sprach von „Plakaten“, auf denen Äußerungen zur Türkei stehen würden. Die genaue Motivation des Fahrers müsse untersucht werden, die Äußerungen würden genau geprüft.

Von Passanten festgehalten

Der Fahrer des Wagens war vorläufig festgenommen worden. Er sei zunächst von Passanten festgehalten worden, sagte Polizeisprecher Thilo Cablitz. Der 29-Jährige war nach dpa-Informationen mit einem Auto unterwegs, das seiner älteren Schwester gehört. Er soll der Polizei bereits wegen mehrerer Delikte bekannt gewesen sein, allerdings nicht in Zusammenhang mit Extremismus.

Der Vorfall am Mittwoch spielte sich nach bisherigem Stand so ab: Der Mann fuhr den Renault-Kleinwagen am späten Vormittag an der Straßenecke Ku‘damm und Rankestraße auf den Gehsteig des Ku‘damms und in die Menschengruppe. Dann fuhr er auf die Kreuzung und knapp 200 Meter weiter auf der Tauentzienstraße Richtung Osten. Kurz vor der Ecke Marburger Straße lenkte er den Wagen erneut von der Straße auf den Bürgersteig, touchierte ein anderes Auto, überquerte die Marburger Straße und landete im Schaufenster eines Parfümerie-Geschäfts.

Der Unfallort befindet sich unweit der Gedächtniskirche am Breitscheidplatz in Berlin-Charlottenburg. Dort war im Dezember 2016 ein islamistischer Attentäter in einen Weihnachtsmarkt gefahren. Dabei und an den Spätfolgen starben insgesamt 13 Menschen, mehr als 70 wurden verletzt.

Beim Breitscheidplatz nahe der Gedächtniskirche ist ein 29-Jähriger auf einem Gehsteig in eine Menschenmenge gefahren. Reuters
Beim Breitscheidplatz nahe der Gedächtniskirche ist ein 29-Jähriger auf einem Gehsteig in eine Menschenmenge gefahren. Reuters