Wirtschaft auf dem Teller

Martin Dünser geht in der Weiterbildung von Lehrlingen neue Wege – auch bis in die Küche.
Götzis. (VN-reh) Seine Idee entstand vor sechs Jahren. Martin Dünser (41) arbeitete damals als Veranstaltungstechniker – zusammen mit Kollegen, die zwar Profis in ihrem Bereich waren, allerdings keine Ausbildung hatten. War dann für eine Firma beschäftigt, die auf den zweiten Bildungsweg spezialisiert war. Und kam schließlich auf die Lehrlinge. In unzähligen Gesprächen mit Unternehmern ist Dünser nämlich eines klar geworden: Neben der klassischen Lehrausbildung kommt oftmals eines zu kurz – die Persönlichkeitsbildung.
„Ich habe Themen gesucht, mit denen ich die Jugendlichen erreichen kann, die spannend und begreifbar sind“, so Dünser. Bei der Ausarbeitung seines Programms hat er auch viele Übungen von der NASA oder der Suchttherapie übernommen. „Die Jungen brauchen etwas, wo es klick macht“, ist Dünser überzeugt. Selbstsicherheit, Teamgeist und Kommunikationsfähigkeit sollen die Lehrlinge in seinen Seminaren lernen. Und auch begreifen, wie weit der Weg zurück ist, wenn man einmal abgekommen ist. Darum gehört bei den Persönlichkeitsseminaren im 2. Lehrjahr auch der Besuch in der Carina Suchtstation zum Programm. Keine leichte Kost für die Lehrlinge, deshalb sei es wichtig, das Erlebte danach aufzuarbeiten.
Betriebswirtschaftlich kochen
Bei seinem neuesten Projekt geht es ums Kochen – aber nicht ausschließlich. Die Lehrlinge kalkulieren das Essen selbst, erhalten einen Einblick in das Konzept eines Supermarkts, erkundigen sich über die Produkte und kochen am Ende der drei Tage für ihre Eltern und Vorgesetzten. So bekommen die Jugendlichen Ethik, Betriebs- und Volkswirtschaft auf dem Teller quasi mitserviert und können diese Grundlagen auch in ihrer täglichen Arbeit anwenden. Ein anderes Seminar trägt den Titel „Walkabout“ – ursprünglich ein Initiationsritus bei jungen Aborigines. Hier lernen die Lehrlinge im Rahmen einer Wanderung, die nur als Team zu schaffen ist, Verantwortung anzunehmen, Rückschläge zu verkraften und Lösungen zu finden.
„Man traut ihnen zu wenig zu“
„Insgesamt traut man den Jugendlichen sicher zu wenig zu“, ist Martin Dünser überzeugt. Auch weil man ihnen nicht zuhöre. Sein Anliegen ist es deshalb, ihnen Wertschätzung und Selbstwert zu lehren. Seine Ideen kommen an – nicht nur bei den Lehrlingen, längst bietet er sein Programm auch für das mittlere Management an.
Darum wurde aus der ursprünglichen Unternehmensbezeichnung Lehrlingsschmiede unlängst „get up“. Dünser selbst profitiert von seiner abwechslungsreichen Berufslaufbahn. Er arbeitete bereits am Bau genauso wie im Büro. Durchhaltevermögen hat er in den letzten Jahren viel gebraucht, am Anfang seiner unternehmerischen Tätigkeit hieß es oftmals Klinken putzen.
„Kann niemanden umdrehen“
„Heute haben die Unternehmen längst erkannt, wie wichtig Persönlichkeitsbildung bei Lehrlingen ist. Schließlich werden sie dadurch auch zu besseren Führungskräften“, so Dünser, der aber auch überzeugt ist, dass man Menschen nicht umdrehen kann. „Das machen sie schon selber. Wir dürfen uns nicht darüber unterhalten, wieso sich die Jugend verändert hat, sondern was zu tun ist.“
Und wenn die Jugendlichen im Laufe eines Seminars auf einmal ihre Haltung und ihr Auftreten ändern, die Hand geben und pünktlich sind, ist das sein größter Lohn.
Wichtig ist es, Wertschätzung und Selbstwert zu lernen.
Martin Dünser
Zur Person
Martin Dünser
Mit seiner Firma „get up“ bietet er maßgeschneiderte Weiterbildungsangebote für Unternehmer und Lehrlinge
Geboren: 30.6.1971
Ausbildung/Laufbahn: Pflichtschule, Poly, Ausbildung zum Fahrzeugfertiger, Versicherungsfachmann, Veranstaltungstechniker
Hobbys: Skifahren, 2CV-Club
Familie: verheiratet, 2 Kinder