Musik zur Entschleunigung

Wetter / 27.11.2012 • 20:13 Uhr
Der Bregenzer Thomas Ruez legt bereits seine fünfte CD vor. Foto: JU
Der Bregenzer Thomas Ruez legt bereits seine fünfte CD vor. Foto: JU

Thomas Ruez hat ­zwischen ­Mathematik und Musik seine ­Balance gefunden.

Bregenz. (VN-ju) Musik kann, davon ist Thomas Ruez überzeugt, schier Unmögliches möglich machen. In seinem konkreten Fall ist aus einem Mathe-Lehrer am BORG in Lauterach ein großer Meister auf der Gitarre geworden, aus einem Zahlenmenschen ein Musiker. Und er kann heute das eine tun, ohne das andere lassen zu müssen, in einer Balance zwischen Mathematik und Musik.

Seine Mutter, die beim Festspielchor war, hat schon beim zehnjährigen Buben eine ausgeprägte rhythmische Begabung entdeckt. Zu Weihnachten lag eine Gitarre unter dem Baum: „Ich war total begeistert“, erinnert sich Ruez. Seine Begeisterung erhielt gleich einen Dämpfer, weil sein erster Gitarrenlehrer eigentlich Cellist war und ihm eine falsche Technik beibrachte. Beim zweiten Lehrer hat es dann geklappt, mit 14 ist Thomas bereits mit der Stromgitarre bei der Band „Question Mark“ eingestiegen, es gab erste Auftritte und Radioaufnahmen.

Was fasziniert ihn heute noch an der Gitarre? „Es ist zwar ein sehr intimes Instrument, aber man kann auch die Rhythmik effektiv umsetzen. Der Ton in seinen vielen Nuancen entsteht eigentlich durch das Zupfen mit der rechten Hand.“ Nach dem Studium hat sich Ruez im Duo mit John Gillard für irische Folkmusic erwärmt und kam auch mit dem Flamenco in Berührung.

Das war für ihn wie eine Initialzündung. Mit 30, bereits verheiratet, zwei Kinder zuhause, aber wenig Geld, fuhr Thomas Ruez abenteuerlich in einem Linienbus von Zürich aus zwei volle Tage lang nach Spanien, um dort einmal im Leben dem berühmten Flamencogitarristen Paco Pena in Cordoba auf die Finger zu schauen. Hat seine Frau das toleriert? „Meine Frau Doris hat mich sogar animiert, das zu tun. Sie hat meine Leidenschaft für die Gitarre immer unterstützt und ist noch heute immer meine wichtigste Beraterin.“

Feuer gefangen

Letztlich hat dieser Meisterkurs dann doch nicht so viel gebracht wie erhofft. Aber Thomas hatte Feuer gefangen. Kaum zurückgekehrt, belegte er mit 33 neben dem vollen Lehramt am Landeskonservatorium bei Georg Gaupp-Berghausen ein Studium, das er mit dem Konzertdiplom abschloss. Und packte zehn Jahre später seine Familie samt mittlerweile drei Kindern zusammen, um als Auslandslehrer an der Deutschen Schule Madrid wieder im Land seiner Sehnsucht zu sein, diesmal für längere Zeit. Aus den geplanten zwei Jahren wurden sieben, die Rückkehr 2007 ging bei der Eingliederung nicht ohne berufliche und private Reibungsverluste vonstatten.

Seit damals geht Ruez jeden Tag um 6 Uhr früh auf den Gebhardsberg: „Ich habe gemerkt, dass ich einfach mehr Bewegung brauche, frische Luft, und nach einer kleinen Eingewöhnungsphase ist das heute mein tägliches Ritual. Und auch dann, wenn ich nur vier Stunden geschlafen habe. Das ist der ruhigste Moment des Tages, da ist nur das Gehen, das eine meditative Wirkung hat.“

Seine fünfte CD mit dem Titel „Orpheus“ enthält ein besonderes Programm: „Die Geschwindigkeit unserer Informationsflut heute ist nicht mehr menschengerecht, wir sind maschinengetaktet. Deshalb enthält diese CD bewusst Musik für stille Momente, zur Entschleunigung, wie sie uns Orpheus vorgelebt hat. Durch seinen Gesang hat er Steine erweicht und sogar seine Eurydike fast aus der Unterwelt zurückgeholt.“

Wenn eine Gitarre nicht stimmt, bin ich wie gelähmt.

Thomas Ruez

Zur Person

Thomas Ruez

Geboren: 1957 in Bregenz

Ausbildung: Hochschule Innsbruck, Konzertfach Gitarre am Konservatorium Feldkirch

Laufbahn: Professor am BG Bregenz und BORG Lauterach, Gitarrist

Familie: verheiratet, drei Kinder

29. November, 20 Uhr, Landes­bibliothek Bregenz, CD-Präsentation von Thomas Ruez und Kurt Sternik