Einfach für Kinder da sein

In der interkulturellen Kinderbetreuung hat Banu Cetin ihren Lebenssinn gefunden.
Lustenau. (VN-tm) Es hat ein bisschen gedauert, aber im September ist es so weit: Banu Cetin eröffnet ihre eigene Kinderbetreuung. „Blumengarten“ wird sie heißen und in Lustenau daheim sein. Interkulturell alle Ein- bis Vierjährigen ungeachtet ihrer Herkunft oder Religion willkommen heißen. Lernen mit Spielen verbinden. Und Banu wird, wenn die Kleinen sich unter dem vierköpfigen Betreuerinnenteam sortiert haben, wohl erst mal durchatmen. Sie hat einen langen Weg hinter sich.
Prinzessin in Izmit
Begonnen hat er in der Türkei. In Izmit. Die Stadt mit 300.000 Einwohnern liegt am Marmarameer ganz nahe bei Istanbul. Hier wuchs Banu auf. „Wie eine Prinzessin“, beschreibt sie das heute. Nicht, weil sie in einem Palast zu Hause war. Aber alles ging ihr so glatt von der Hand. Sie hat in Istanbul Wirtschaft studiert bis knapp vor dem Abschluss. Ein altes Foto zeigt sie als Sekretärin in der Stadtverwaltung an einem schweren, verschnörkelten Schreibtisch. „Wenn ich Tee wollte, hat man mir welchen gebracht.“ Ihre Familie war angesehen. Der Name Banu hatte einen guten Klang. Zu ihrer Hochzeit 1993 luden sie 3000 Gäste ein. Das muss man sich mal vorstellen! Ein schönes, durchaus auch ein wenig märchenhaftes Leben.
Banu Cetin folgte 1995 ihrem Ehemann nach Österreich. Das zweite Foto, das sie hervorkramt, zeigt eine nachdenkliche Frau im Illpark in Feldkirch. „Das war am Tag meiner Ankunft.“ Sie sprach kein einziges Wort Deutsch. Die Prinzessinnenträume zerplatzten in diesem Augenblick. Was sie in der Türkei gelernt hatte, schien mit einem Mal wertlos. Auf einer Messe entdeckten Banu und ihr Mann einen Plotter. Sie schafften sich einen solchen Großformatdrucker an und gründeten das Unternehmen B & E Beschriftungen in Götzis. Haushalt, Gartenarbeit, Einkäufe für ältere Nachbarn erledigen, das Leben tröpfelte so dahin. 1999 brachte Banu dann eine Tochter zur Welt. Und das brachte die Wende. „Auf die Frage: Was ist dein Beruf, Mama? wollte ich vorbereitet sein.“ Banu Cetin ging über die Bücher und entschloss sich, künftig mit Kindern zu arbeiten. „Das würde mich glücklich machen.“
Und, hat es das? Banu lässt hinter den großen Handpuppen, die sie auf einem langen Tisch drapiert hat, eine rosarote, stupsnasige Mädchenpuppe hervorlugen und nickt verschmitzt. Sie hat sich inzwischen zur Eltern-Kind-Spielgruppenleiterin und Gestaltpädagogin ausbilden lassen, ging beim Wifi und bei der Volkshochschule jahrelang ein und aus. Heute leitet sie eine Purzelbaumgruppe in Satteins und trifft jeden Freitag türkische Mütter zum Gesprächskreis. Und im Herbst wird sie sich in Lustenau mit dem „Blumengarten“ selbstständig machen.
Ein Vorbild für die Tochter
An Unkenrufen am Wegrand hat es ihr nicht gefehlt. Banu hat sie nicht beachtet. „Ich wollte immer meiner Tochter ein Vorbild sein.“ Asya Melisa ist heute 15 Jahre alt und geht in Dornbirn ins Gymnasium. Ihre Mutter aber wird künftig in Lustenau fortgesetzt das kleine Wunder erleben, das ihren Beruf so wertvoll macht. Wie die Kleinen sich erst beschnuppern, durchaus von zu Hause schon „eingefärbt“, dem Vorarlberger oder Türken noch reserviert gegenüberstehen. Aber bald spielen sie. Und finden zusammen. Sie bereichern einander. Die Temperamentvollen und die Schüchternen, die Blonden und die Schwarzen, Christen und Muslime.
Ich wollte meiner Tochter immer ein Vorbild sein.
Banu Cetin
Zur Person
Banu Cetin
eröffnet im Herbst in Lustenau die Kleinkindbetreuung “Blumengarten”.
Geboren: 1969 in der Türkei
Ausbildung: Wirtschaftsstudium, Kinderbetreuung, Spielgruppenleiterin
Laufbahn: Sekretärin in der Stadtverwaltung von Izmit, heute Kleinkindbetreuerin
Familie: verheiratet, eine Tochter