Den Marathon im Visier

Wetter / 12.05.2014 • 18:42 Uhr
Judith Riemer heute und einst: Mit der Bewegung kam auch das Wohlfühlgewicht zurück.  Foto: Susi Donner
Judith Riemer heute und einst: Mit der Bewegung kam auch das Wohlfühlgewicht zurück. Foto: Susi Donner

Judith Riemer wurde vom Bewegungsmuffel zur leidenschaftlichen Läuferin.

Möggers. (VN-mm) „Nein“, sagt Judith Riemer, „einen echten Auslöser gab es nicht.“ Es war nur ein neuer Tag in einem neuen Monat, doch die Entscheidung, die sie an eben diesem Tag traf, eine für sie epochale. „Ich laufe einen Marathon“, ließ die damals knapp 100 Kilo schwere Frau ihren Mann noch im Bett wissen. Der reagierte prompt und meinte etwas schlaftrunken: „Dann fangen wir am besten mit dem Training an.“ Und das taten sie. Heute, zwei Jahre später, ist Judith Riemer um 32 Kilo leichter und läuft und läuft und läuft. Sie wird auch beim Frauenlauf dabei sein, mit dem alles angefangen hat.

Eine besondere Vision

Ein Leben ohne sportliche Betätigung könnte sich die gelernte Bürokauffrau aus Möggers nicht mehr vorstellen. Früher, ja, da sei sie ein Bewegungsmuffel gewesen. „Ich war einfach faul“, gesteht Judith Riemer. Dazu kam ein eklatantes Übergewicht, das sie trotz vieler Bemühungen nicht los wurde. Am 1. April 2012 dann die Vision: Sie sah sich schlank über eine Ziellinie laufen. Mit dieser kühnen Vorstellung rückte plötzlich auch das Abnehmen in den Hintergrund. Judith Riemer wollte nur noch eines, nämlich Läuferin werden.

Aber gleich einen Marathon? Sie lacht und sagt: „Meine Schwester hat gemeint, ich soll es zuerst mit dem Frauenlauf probieren. Fünf Kilometer schaffe jede.“ Gesagt, getan! Allerdings geriet die Sache für die gewichtige Teilnehmerin zu einem Spießrutenlauf. „Einmal rief eine Zuschauerin, wir sollen nicht einschlafen“, erinnert sich Riemer. Sie habe sich geschämt, aber nicht antworten können, weil „ich keine Luft mehr hatte“. Inzwischen prallen derlei hämische Bemerkungen an ihrem kurvigen Körper ab wie Wasserperlen. Sie kontert charmant: „Es ist doch völlig egal, wer am Rand steht, denn ich laufe.“ Aber jetzt lästert niemand mehr so, wie Judith Riemer aussieht. Gefreut hat sie sich trotzdem, als sie ihren ersten Wettkampf nach 51 Minuten und 6 Sekunden beendete. „Mein Puls war auf 198, aber ich hatte es geschafft.“ Noch immer schwingt Stolz mit, wenn Judith Riemer davon berichtet. Die Schwester wich während des gesamten Laufs nicht von ihrer Seite. Eine Unterstützung, die motivierte.

 Rückversicherung

Gleiches gilt für das Internet-Tagebuch (veganmarathon.wordpress.com), das sie als eine Art Rückversicherung einrichtete. „Ich brauchte eine Verpflichtung mir gegenüber“, sagt die begeisterte Harmonikaspielerin. Den Blog gibt es noch immer. Rund 900 User sind Judith Riemer mittlerweile regelmäßig auf den Fersen.

Und sie ist glücklich, wenn sie andere animieren kann, ihrem Beispiel zu folgen. „Ich möchte zeigen, dass alles möglich ist, wenn man an sich selbst glaubt.“ Das tut Judith Riemer. Sie lief schon einen Viertelmarathon und den Silvesterlauf in Altach. Beim Frauenlauf will sie über 10-Kilometer-Distanz starten. „Auch wenn ich sicher wieder zu den Langsamsten gehöre“, merkt sie neckisch an. Im Herbst will sie
einen Halbmarathon und 2015 den Marathon laufen. Daneben büffelt Judith Riemer für die Berufsreifeprüfung, um an der Fachhochschule Informatik studieren zu können. Ganz schön zäh, diese Frau.

Es ist alles möglich, wenn man an sich selbst glaubt.

Judith Riemer

Zur Person

Judith Riemer

Geboren: 5. Mai 1980 in Ulm

Wohnort: Möggers

Familie: verheiratet

Beruf: Bürokauffrau

Hobbys: Essen, Laufen, Lesen, ­Steirische Harmonika, ihre vier Hunde