Sie will Menschen mögen

Ihrem Credo möchte Angelika Prechtl-Marte auch als Landesgerichtsvizepräsidentin treu bleiben.
Feldkirch. (VN-hk) Sie macht einen ruhigen, besonnenen und freundlichen Eindruck: Angelika Prechtl-Marte, 52 Jahre alt, Röthnerin, seit Kurzem Vizepräsidentin am Landesgericht Feldkirch. „Entschuldigt bitte die Unordnung. Ich hab’ erst kürzlich das Büro bezogen. Deswegen schaut es noch so aus.“
Es kam anders
Die neue rechte Hand von Gerichtspräsident Heinz Bildstein (60) will in der so lange vakant gebliebenen Funktion bleiben, wie sie immer war: Eine Richterin, deren Berufseinstellung einmal von einem Kollegen auf den Punkt gebracht wurde: „Er sagte zu mir, Wir müssen die uns Anvertrauten im Gerichtssaal ja nicht lieben, aber mögen sollten wir sie schon.‘“ Angelika Prechtl-Marte entstammt einer Lehrerfamilie. Ihr Weg zu einem angesehenen Beruf war vorgezeichnet. „Ursprünglich wollte ich Fremdsprachen studieren, Dolmetscherin werden, herumreisen. Aber dann hat es sich doch anders ergeben.“ Das kluge Mädchen aus Röthis begann ein Jus-Studium in der Absicht Rechtsanwältin zu werden. Doch auch diesbezüglich kam es anders. „Während meiner Ausbildung in Innsbruck machte mir ein Richter seinen Beruf schmackhaft. Ich beschloss, diese Ausbildung zu machen. Im Wissen, immer noch Rechtsanwältin werden zu können.“ Sie blieb Richterin.
Und jetzt ist sie halt auch noch die zweithöchste juristische Person in Vorarlberg. Eine Funktion, deren Vergangenheit mit einem Makel behaftet ist. Die Angelika Prechtl-Marte nun aber in eine ehrenwerte Zukunft führen will.
Ab und zu „vorlaut“
Prechtl-Marte ist Jugendrichterin. Sie hat daher oft mit jungen Menschen zu tun, deren Fehltritte in vielen Fällen noch korrigierbar sind, bei denen die Chance groß ist, dass sie ihr Leben noch in den Griff bekommen. „Das ist bei vielen tatsächlich so, aber nicht bei allen.“ Ob es ihr deshalb leichter fällt, Menschen zu mögen? „Mag sein. Ich weiß nicht, wie es wäre, wenn ich es mit Sittlichkeitsdelikten zu tun hätte.“
Sich selbst charakterisiert die verwitwete Juristin als besonnene Person. Obwohl: „Ab und zu bin ich vorlaut. Da kann ich schon auch einmal etwas sagen, was ich vielleicht nicht sollte. Aber ich merke das dann auch und entschuldige mit sofort.“ Das Amt des Richters, sagt Prechtl-Marte, gebe dessen Inhaber ein große Unabhängigkeit.
„Das ist eine Facette dieses Berufes, die ich sehr schätze. Natürlich musst du dir auch stets der hohen Verantwortung bewusst sein und dementsprechend handeln.“
Nur Büro ist neu
Gerichtsbeobachter behaupten, dass die schlanke Dame aus Röthis das auch tatsächlich macht. Seit 1997 ist sie Richterin. Lange Zeit übte sie ihren Beruf in Innsbruck aus. 2008 kam sie schließlich in ihre Heimat zurück.
Als Jugendrichterin teilt Angelika Prechtl-Marte die Ansicht nicht, dass Jugendliche heutzutage schlimmer sind als früher. „Nein, das kann ich nicht behaupten. Sicher landen heute mehr Delikte vor Gericht. Aber das hat andere Gründe. Früher haben zum Beispiel Dorfpolizisten eigenmächtiger gehandelt und manch einen Konflikt vor Ort entschärft. Das geht das heute nicht mehr. Polizisten sind die Hände gebunden.“
Für ihre jetzige Tätigkeit muss man Angelika Prechtl-Marte nicht „neu anlernen“. Sie macht diesen Job schließlich auch ohne Titel schon länger. Neu ist nur ihr Büro. Und das wird sie auch bald einmal so aufgeräumt haben, dass sie sich darin richtig wohlfühlt.
Als Richter genießt du einen hohen Grad an Unabhängigkeit.
Angelika Prechtl-Marte
Zur Person
Mag. Angelika Prechtl-Marte
Geboren: 13. Dezember 1963
Beruf: Richterin
Wohnort: Röthis
Familie: verwitwet
Hobbys: Fremdsprachen, Reisen
Lieblingsspeise: Riebel