Der geläuterte Wilderer

Er war ein Wilderer – bis er das Gewehr gegen eine Filmkamera eintauschte.
Röthis. (VN-kum) Zahlreiche Jagdtrophäen zieren die Wände seiner Wohnung in Röthis. Eine sticht ob ihrer Größe heraus. Es ist das Geweih eines Vierzehnenders. Fritz Büsch (75) hat diesen Hirsch erlegt. Die Trophäen sind Zeugen eines Lebens, das von der Wilderei bestimmt war. Büsch glaubt, dass er die Jagdleidenschaft von seinem Großvater und Vater geerbt hat. Schon als Schulbub ging der gebürtige Montafoner mit Pfeil und Bogen erfolgreich auf Fuchsjagd. „Mit 16 habe ich das erste Mal eine Gams geschossen. Das war sensationell“, erinnert er sich.
Dass er sich damit Schwierigkeiten mit der Polizei einhandelte, hielt ihn nicht davon ab, eine Wildererlaufbahn einzuschlagen. Denn: „Es ging mir ums Abenteuer und um den Kick, wenn ich etwas erbeutete.“ Es machte ihm aber auch Spaß, die Jäger zu überlisten. „Und natürlich jagte ich auch wegen der Trophäen. Mit denen habe ich mich geschmückt wie ein Sportler mit seinen Medaillen.“
Süchtig nach der Jagd
Nach dem Militärdienst verbrachte er drei Jahre in Paraguay. „Im Dschungel konnte ich nach Herzenslust jagen.“ Bald nach seiner Rückkehr nach Vorarlberg wurde es ruchbar, dass er wilderte. Seiner Mutter musste er versprechen, dass er kein Gewehr mehr angreift. Aber er konnte sein Versprechen nicht einhalten. Denn: „Ich war süchtig nach der Jagd.“ Die Wilderei brachte ihn drei Mal ins Gefängnis. „Aber das hat mich auch nicht von ihr geheilt.“ Über Jahre war er der erklärte Feind der Jäger. Büsch war für sie der „Klosterjäger“, weil er eine Zeitlang Melker in einem Kloster war. „Sie drohten mir, dass die Kugel für mich schon gegossen sei.“ Doch das machte für ihn das Abenteuer nur noch größer. Stolz erzählt er, dass die Jäger ihn im Wald nicht ein einziges Mal erwischten. Nur einmal flog eine Kugel hinter ihm her.
Anfang der 90er-Jahre hörte der Montafoner mit dem Wildern auf. „Damals wollten die Behörden den Wildbestand wegen der Waldschäden rigoros dezimieren. Das schockierte mich. Ich wollte nicht auch noch dazu beitragen, das herrliche Wild auszurotten“, erklärt der Pensionist. Statt mit dem Jagdgewehr ging er jetzt aber mit einer Kamera in die Wälder und filmte das Wild. „Beim Filmen musst du dich auch anpirschen. Die Tiere dürfen dich nicht sehen, hören und riechen. Es ist wie beim Jagen“, sieht er Parallelen. Oft liege er tagelang auf der Lauer. „Als Tierfilmer musst du sehr geduldig sein.“ Inzwischen hat er schon zehn Filme gedreht. Besonders stolz ist er auf jene Aufnahmen, die brünftige Hirsche beim Kampf zeigen. Das Jagdfieber beutelt ihn noch immer. „Aber heute möchte ich keine Beute mehr machen, sondern Tiere vor die Kamera bekommen.“ Büsch kann nur mit Stativ filmen, „weil sonst alles verwackelt wäre. Denn ich bin so aufgeregt, dass meine Zähne klappern.“ Es war nicht leicht, die Jäger davon zu überzeugen, dass er das Wild nicht mehr tötet, sondern nur mehr filmt. „Aber heute kommen sie zu mir und schauen sich meine Filme an.“ Auf seinen Streifzügen durch Vorarlbergs Wälder fielen ihm die Nistkästen auf, die von den Forstbehörden für die Vögel aufgehängt worden sind. „Ich sah, dass sie nicht mehr in bestem Zustand waren. Da nahm ich mir vor, die Nistkästen zu betreuen, zu säubern und wenn nötig zu erneuern.“ Büsch zimmert jeden Winter zirka 50 Stück und hängt sie dann im ganzen Land auf. „Insgesamt habe ich schon mehr als 900 angebracht.“ Es dauerte viereinhalb Monate, bis er alle Nistkästen auf Vordermann gebracht hatte. Bezahlt wird Büsch dafür nicht. „Ich tue das aus Liebe zu den Tieren“, sagt der Mann, der einst Tiere tötete.
Das Gefängnis hat mich von der Wilderei auch nicht geheilt.
Fritz Büsch
Zur Person
Fritz Büsch
wandelte sich vom Wilderer zum Tierfreund.
Geboren: 12. Dezember 1940 in
St. Gallenkirch
Wohnort: Röthis
Familie: ledig
Hobby: Briefmarken sammeln