Realitätsgetreue Pflege

Barbara Bischof-Gantner absolvierte neben vier Kindern noch ein Masterstudium.
schnifis. (VN-mm) Der Titel ist ein klingender: „Advanced Practice Nurse“ darf sich Barbara Bischof-Ganter seit Kurzem nennen. Sechs Semester hat die diplomierte Pflegeexpertin in das berufsbegleitende Masterstudium investiert und daneben noch einen Haushalt mit vier Kindern geschaukelt. Doch die strebsame Ehefrau und Mutter konnte sich während der gesamten Zeit auf die Hilfe ihrer ganzen Familie verlassen. „Meine älteren Kinder haben zwar oft gefragt, wozu ich das eigentlich noch brauche“, erzählt Barbara Bischof-Gantner mit einem nachsichtigen Lächeln. Jetzt allerdings sind sie stolz auf ihre „studierte Mama“.
Anschauliche Darstellung
Das dürfen sie auch sein. Derzeit gibt es in Vorarlberg gerade einmal zwei dieser Master-Absolventinnen. Das Jesuheim in Lochau ist die erste und bislang einzige Langzeitpflegeeinrichtung, die eine solche Stelle geschaffen hat. Hier arbeitet Barbara Bischof-Gantner an zwei Tagen in der Woche. Als „Advanced Practice Nurse“ steht sie dem Pflegepersonal beratend und begleitend zur Seite. „Es geht darum, pflegerische Ansprüche und praktisches Tun bestmöglich zusammenzuführen“, erklärt Bischof-Gantner. Problematische Situationen werden gemeinsam analysiert, um dann eine bedürfnisgerechte Lösung zu finden. Dazu begibt sich Barbara Bischof-Gantner oft in die Position der Pflegeperson. „Auf diese Weise kann anschaulich vermittelt werden, was schlecht läuft“, begründet sie den Rollentausch. Mit dem pädagogischen Zeigefinger will sie den Kolleginnen und Kollegen nämlich keinesfalls kommen. Es gehe nur partnerschaftlich. Deshalb spart sie auch nicht mit Lob.
Was die Pflegefachkraft aber sehr wohl erwartet, ist die Einhaltung einer Terminvereinbarung, wenn „Praxisbegleitung mit Barbara“ im Kalender steht. „Anfangs waren alle etwas nervös, weil sie sich wie in einer Prüfungssituation fühlten“, schildert Barbara Bischof-Gantner die ersten Erfahrungen. Mittlerweile hat sich die Sache eingespielt, und nicht selten fragen Pflegepersonen ganz spontan um Rat, zum Beispiel, wenn es um Sterbebegleitung geht. „Der Wille zur Veränderung bei schwierigen Konstellationen ist da“, stellt Bischof-Gantner der Kollegenschaft ein gutes Zeugnis aus. Im Jesuheim, der größten Pflegeeinrichtung im Land, kümmern sich rund 80 Pflegekräfte um 108 Bewohnerinnen und Bewohner. Heimleiterin Marion Bumberger erwartet sich vom Einsatz von Bischof-Gantner nicht nur eine Steigerung in der Pflegequalität, sondern auch eine höhere Zufriedenheit bei Mitarbeitern, Bewohnern sowie deren Angehörigen. „Das eine sollte das andere bedingen“, meint sie. Die Stelle kostet zwar Geld: „Aber sie bringt auch etwas“, gibt sich Bumberger von der Wirkung überzeugt.
Neue Herausforderung
Die Pflegedienstleitung des Jesuheims war es, die Bischof-Gantner ihre neue Tätigkeit schmackhaft machte. Sie wurde gefragt, ob sie das machen will. Sie stimmte unter der Bedingung zu, dass ihr ein Studium ermöglicht wird. „Nach acht Jahren zu Hause wollte ich eine neue Herausforderung“, sagt Bischof-Gantner. Die fand sie schließlich im Masterstudium an der Donau-Universität Krems. Arbeitgeber und Familie unterstützten ihre Ambitionen nach besten Kräften, obwohl Lernen fast nur abends möglich war. Ihr liebstes Hobby, das Wandern, verlegte Barbara Bischof-Gantner in die frühen Morgenstunden. So war sie wieder zu Hause, wenn die Kinder aus ihren Betten krochen.
Wille zur Veränderung bei schwierigen Konstellationen ist da.
Barbara Bischof-Gantner
Zur Person
Barbara Bischof-Gantner
Geboren: 1. Dezember 1970 in Sonntag
Wohnort: Schnifis
Familie: verheiratet, vier Kinder (5 bis 11 Jahre alt)
Beruf: Pflegefachkraft
Hobby: Wandern