Mehr als ein Handwerk

Beim Gitarrenbau verbindet Peter Steinacher Beruf und Leidenschaft.
Hard. (VN-hoj) Vor dem Fenster liegen grüne Wiesen und adrette Häuschen. Die Werkstatt in Hard ist klein und hell, an der Tür hängt ein altes Foto. Es zeigt einen Jungen, der stolz eine Telecaster-Gitarre in den Händen hält – eine der ersten, die Peter Steinacher angefertigt hat. „In den frühen Neunzigern baute sich ein Freund eine E-Gitarre. Ich wollte das sofort auch, aber meine Ansprüche waren zu hoch. Da habe ich es sein lassen“, erzählt der Lauteracher. „2008 habe ich das Projekt dann doch umgesetzt. Mein Sohn Linus war damals sieben und ich wollte ihm eine Gitarre bauen, die für seine Größe passt.“
Eine Art Besessenheit
Bei der Arbeit merkte er schnell, dass es nicht bei einer Gitarre bleiben würde. „Ich erlebte unglaubliche Glücksmomente, wurde richtig zum Kind.“ Was darauf folgte, beschreibt Steinacher als eine Art Besessenheit. Seine eigene Gitarrensammlung verkaufte er nach und nach, um sich Hölzer und Werkzeuge leisten zu können. Manchmal stand er morgens um vier Uhr auf, um vor der Arbeit noch Gitarrenmensuren auszurechnen. Abends ging es zu einem Freund in die Schreinerei, teils bis um Mitternacht. „Rückblickend hatte ich da wohl ein bisschen zu wenig Zeit für die Familie“, sagt der 50-Jährige nachdenklich. Trotzdem wurde er von seiner Frau Gabriele und den Kindern immer unterstützt. Musik spielt eine wichtige Rolle bei den Steinachers. Sohn Daniel (32) und Tochter Tatjana (28) sind heute beide pädagogisch tätig und nutzen die Gitarre ab und zu im Beruf. Linus (16), der Jüngste, geht neben der Lehre als Elektrotechniker noch immer in die Musikschule.
Bis 2014 war der Gitarrenbau ein reines Hobby. Nach der Hauptschule hatte Peter Steinacher eine Lehre als Kellner absolviert, arbeitete aber auch als Lagerist, Automechaniker und Bauarbeiter. Zwei Jahrzehnte war er im Kinderdorf in Bregenz für die Instandhaltung zuständig. Mit seinen Kollegen legte er dort Fliesen, machte Installationen, baute Möbel. Schließlich war aber klar: Das Gitarrenbauen soll zum Hauptberuf werden. Trotz einiger rechtlicher Hürden legte Steinacher die kleine Meisterprüfung ab. Heute macht er Reparaturen und fertigt Einzelstücke an.
Die Arbeit sei nicht so romantisch, wie viele meinen. „Meistens ist es ein dreckiger Job, man hat mit giftigen Lacken und Klebstoffen zu tun, manchmal ist es laut.“ Für Steinacher ist es dennoch eine sehr emotionale und persönliche Angelegenheit. „Es ist wie die Beziehung zu einem Menschen. Da steckt Leidenschaft drin.“ Und Leidenschaft hat er zur Genüge. Er erzählt gerne, gestikuliert viel, holt einen Gitarrenkorpus hervor, um zu zeigen, wie der Lack aussehen muss. Wenn er auf stümperhafte Arbeiten und Massenware zu sprechen kommt, klingt er ärgerlich. „Mich reut schon das Material bei Billiggitarren. Die landen irgendwann auf dem Müll und können gar nicht ethisch produziert werden.“
Natur als Ausgleich
Als Perfektionist wolle er „immer ans Limit gehen“. Dafür braucht er Auszeiten: Steinacher ist ein begeisterter Schwimmer, mit seiner Frau geht er gerne in die Berge oder ins Ried. Dort entstehen neue Ideen, etwa für eine Gitarre mit Geigenelementen. Falls ihn irgendwann die Leidenschaft verlässt, hänge er den Gitarrenbau an den Nagel. Vielleicht spielt er dann die Instrumente, die er jetzt herstellt. Oder er macht etwas ganz anderes. „Vielleicht muss ich mal einen Blinddarm rausoperieren“, scherzt er. „Ich weiß nicht, was mir noch begegnet.“
Bei der ersten Gitarre erlebte ich unglaubliche Glücksmomente.
Peter Steinacher
Zur Person
Peter Steinacher
Hat seine Leidenschaft, den Gitarrenbau, zum Beruf gemacht.
Geboren: 21.07.1966 in Villach
Wohnort: Lauterach
Familie: verheiratet, drei Kinder
Hobbys: Musik, die Natur genießen