Die andere Wahrnehmung

Petra Schallert führt als Autistin ein sinnerfülltes Leben. Vor allem dank ihrer Eltern.
Bürs. (VN-hk) Morgen, am Sonntag, ist Welt-Autismustag. Gut dass es diesen gibt. Denn Menschen, die autistisch sind, führten früher ein leidvolles Dasein. Früher, als man noch nicht verstand, was Autismus ist und welche Erscheinungsformen diese Wahrnehmungsstörung hat.
Viel gelitten hat auch Petra Schallert. „Als sie knapp zwei Jahre alt war, merkten wir, dass etwas mit ihr nicht stimmt. Sie war so ruhig und teilnahmslos“, erinnert sich Mama Christine (69). Man brachte sie in die Uni-Klinik nach Innsbruck. „Dort haben sie mir Luft in den Kopf gepumpt“, erzählt Petra, die heute perfekt sprechen kann. „Als wir sie wieder mit nach Hause nahmen begann eine schwierige Zeit“, erinnert sich Papa Anton (70), „Petra schrie, verletzte sich selbst, tobte und war kaum zu bändigen. Sie schlug sich den Kopf an die Wand, fuhr mit den Händen an Hausmauern herunter bis sie bluteten, schnitt sich ins Fleisch, riss sich die Haare aus.“
„Gell Mama, da habt ihr viel mit mir durchgemacht. Aber ihr wart gut mit mir“, sagt Petra mit erfrischender Direktheit. „Das warst du auch“, antwortet die Mama mit einem gütigen Lächeln.
Zahlenspezialistin
Petra, die tagsüber in der Lebenshilfe-Werkstätte in Batschuns arbeitet, ist heute ein Mensch mit sehr viel Selbstständigkeit. „Ich gehe gerne Laufen und Schwimmen. Auch stricke und spiele ich gerne“, sagt sie stolz. Petra ist eine Asperger-Autistin. Das heißt: Petra leidet zwar an Wahrnehmungsstörungen, hat aber auch ausgeprägte Begabungen, zum Beispiel ein unglaubliches Zahlengedächtnis.
Petra kennt das Geburtsdatum aller ihr bekannten Menschen. Beim Mensch-ärgere-dich-nicht hat sie ein so detailliertes fotografisches Bild der Spielfläche im Kopf, dass sie nach dem Würfeln einer Zahl den Kegel ohne langes Zählen sofort und korrekt auf das richtige Feld platziert. Damit hat sie auf einer Veranstaltung sogar den Bludenzer Bürgermeister Katzenmayer verwirrt. Als der mit ihr spielte, sich dabei wiederholt verzählte und nervös wurde, fragte sie ihn unverblümt: „Bist du auch in die Sonderschule gegangen?“
Christine und Anton Schallert sind glücklich darüber, dass Autismus heute viel besser verstanden wird. Trotzdem bleiben ihnen mit Petra unangenehme Situationen nicht ganz erspart. Wenn Petra ihre „Zwänge“ hat. Wenn sie partout zu der Tür aus einem Geschäft wieder hinaus will, zu der sie hereingekommen ist, oder nach einer Irritation beim Wandern einfach stehen bleibt.
Aber was ist das alles schon im Vergleich zu früher.
Ich gehe sehr gerne Laufen und Schwimmen und stricke gerne.
Petra Schallert
Zur Person
Petra Schallert
Geboren: 10. Dezember 1968
Wohnhaft: Bürs
Beruf: Arbeiterin
Familie: Eltern, eine Schwester
Hobbys: Handarbeiten, Bewegung
Lieblingsspeise: Kaiserschmarren